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Die erste Mehrtagestour die wir planen ist der sogenannten Choro Trail. Dieser startet in einer Höhe von etwa 4.700 Metern, geht dann auf fast 5.000 m hoch und dann runter in die Yungas, wo dann langsam der Dschungel beginnt. Oben ist man also noch im kargen und rauen Hochgebirge und läuft dann fast 5.000 Meter runter ins Grüne.
In unserer Truppe auf dem Campingplatz finden sich schnell noch ein paar Interessenten für die Tour. Markus und Veronique wollen mit, Sharmayne und Jonas auch, was leider krankheitsbedingt dann doch nicht klappt. Und Martin überzeugen wir auch davon, dass er mit uns mitkommt. Er ist zwar nicht mehr der allerjüngste und nach eigener Aussage seit über zwanzig Jahren nicht mehr gewandert, aber wir trauen ihm die Tour durchaus zu und es tut ihm bestimmt auch gut, am laden Platz für ein paar Tage zu verlassen.
Delphine telefoniert eine Weile herum, bis wir einen Fahrer finden, der uns für einen angemessenen Preis zum Ausgangspunkt der Tour bringt. Einem Pass nahe La Paz auf einer Höhe von etwa 4.800 m. Dort angekommen will Martin gerne auf einen der nahe gelegenen 5.000 er steigen. So hoch waren er und Markus und Veronique noch nie. Unsere Wahl fällt auf den sehr nahe gelegenen Cerro Kolini. Der hat zwar keine 5.000 sondern ist mit 4.982 m Höhe etwas niedriger, aber die zwanzig Meter sind ja letztlich egal. Zur Feier des Tage führt uns Martin, der Schwabe mit bayerischen Wurzeln, am Gipfel noch einen Schuhplattler auf bevor es runter zum eigentlichen Trek geht.
Choro Trek, Tag 1, nach Chucura Alto
Nach dem kurzen Umweg auf den Gipfel geht dann der Abstieg los. Eigentlich sieht man hier viele der hohen Berge der Umgebung und einige Gletscher, wir sehen vor allem Nebel und können ab und an den Weg weiter unten erahnen. Aus den heißen und feuchten Yungas drückt einfach sehr viel Feuchtigkeit hier rauf. Aber egal. Es ist schön mal wieder zu laufen und in unserer fünf Mann Truppe macht es umso mehr Spaß. Nach einem sehr steilen ersten Abstieg wird es etwas flacher und am Spätnachmittag kommen wir in Chucura Alto an. Dem letzten Dorf bevor es dann wirklich nur noch zu Fuß und mit Maultieren und Pferden weiter runtergeht. Eigentlich wollten wir heute noch weiter runter, beschließen aber es hier für heute sein zu lassen und schlagen, nach Rücksprache mit einem Anwohner, neben der Schule auf einer flachen Wiese unser Lager auf.
Choro Trek Tag 2, zur schönen Aussicht im Nebel
Der weitere Abstieg geht dann immer mehr über kleine Pfade, die aber oft noch aus dem originalen Pflaster dieses alten Inkaweges bestehen. Ähnlich wie alte Römerstraßen ist alles mit dicken Natursteinen teilweise beeindruckend ordentlich gebaut und hat so einige hundert Jahre Witterung überstanden. Da könnte sich so mancher deutsche Straßenbauer einiges abschauen.
Vom Hochgebirge kommen wir hier auch eher in einen hoch gelegenen Urwald. Um uns herum wird es immer grüner und die Geräuschkulisse immer lauter. Tiere sehen wir leider trotzdem kaum in der dicht bewachsenen Gegend.
Unser heutiges Ziel ist der Campingplatz Buena Vista. Neben dem gibt es auch noch die Plätze Bella Vista und Supervista auf dem Trek. Alle wollen sich hier scheinbar mit den besten Blicken überbieten. Wobei Bella Vista scheinbar schon länger verlassen und ziemlich runtergekommen ist und Supervista zumindest im Moment nicht betrieben wird.
Wir haben nicht so viele Ausblicke. Der Nebel und der Rauch der vielen kleinen Feuer die hier überall schwelen verschleiern die Sicht ziemlich. Delphine fragt die Betreiberin des Platzes wozu hier die ganzen Feuer brennen, die antwortet, dass sie das nicht weiß. Etwas sonderbar, wo ihr Mann und ein Kollege in der Früh mit einer Machete und einem Benzinkanister losgezogen sind. Und die Feuer brennen auch sehr nahe des Wohnhauses vor sich hin und es regnet ständig etwas Asche. Letztlich dienen die illegalen Feuer dazu Platz für Cocaplantagen zu machen oder das Gestrüpp um die Bäume herum abzubrennen bevor man sie dann einfach fällen kann. Um diese Jahreszeit gibt es immer mehr dieser kleinen Feuer, die auch immer wieder außer Kontrolle geraten und viel mehr Waldfläche als geplant vernichten.
Wir sitzen am Abend gemeinsam auf der Terrasse des Platzes und bekommen hier sogar ein kühles Bier zu trinken. Martin ist heute super platt, ist kaum und trinkt sein Bier nur zur Hälfte. Kein gutes Zeichen, aber er ist einfach nur sehr erschöpft und am nächsten Morgen wieder recht fit.
Choro Trek Tag 3 und 4, runter nach Chairo
Der dritte Tag sollte eigentlich zum Ende des Treks in das kleine Dörfchen Chairo führen, aber wir beschließen es etwas gemütlicher anzugehen und übernachten sieben Kilometer vor dem Ziel nochmal neben dem geschlossenen Campingplatz Sandillani.
Die Saison ist im Grunde genommen schon vorbei und somit ist hier nicht mehr viel los. Aber an Ostern laufen wohl jedes Jahr innerhalb von den drei Feiertagen etwa eintausend Pilger die Strecke herunter. Dann ist hier alles voll mit Zelten. Teilweise auch der eigentliche Weg. Vor Corona sollen es sogar bis zu dreitausend Pilger auf einmal gewesen sein.
Wir müssen am nächsten Morgen nur noch gut sieben Kilometer weit und ca. 700 Höhenmeter absteigen. Markus hat aber in der Nacht Fieber bekommen und kommt nur mit Hilfe von Ibuprofen und sehr langsam runter. Er war vor ein paar Wochen im Dschungel schon mal krank – für ihn sehr ungewöhnlich – und irgendwas ist wohl noch nicht gut. Leider ist das für ihn der Beginn von einigen Wochen mit Fieber und einer langen Ungewissheit, was er hat und wie es weitergeht.
Über die Deathroad zurück nach La Paz
In Chairo machen wir kurz Pause und werden gleich von mehreren potentiellen Taxifahrern angesprochen. Wir entscheiden uns für den mit dem vermeintlich größten Auto – schließlich sind wir zu fünft zuzüglich fünf große Rucksäche und werden von ihm bis Coroico gefahren. Coroico ist ein sehr touristisches kleines Dörfchen in den Bergen am Fuße der sogenannten Todesstraße. Von hier aus müssen wir dann ein weiteres Taxi oder einen Bus zurück nach La Paz nehmen. Delphine fragt unseren Fahrer, ob es wohl auch einen Möglichkeit gibt über die Todesstraße zurück nach La Paz zu fahren und er telefoniert gleich mit ein paar Leuten in Coroico. Schließlich findet sich jemand, der die Straße mit uns fahren wird. Super, wir würden sie zwar schon gerne sehen, aber wollen nicht nochmal von La Paz aus hierherkommen nur um für viel Geld eine alte Schotterstraße mit dem Mountainbike herunter zu fahren. Das können wir zuhause auch machen.
Die Todesstraße, also Camino del Muerto, war bis vor einigen Jahren die normale Verbindung von den Yungas, also dem Tiefland mit Dschungel und viel grün, nach La Paz. Ihren Namen hat sie den teils sehr engen Abschnitten zu verdanken, neben denen es oft fast senkrecht einige hundert Meter runtergeht. Hier sind viele Busse, LKWs und Autos abgestürzt und die Straße hat tatsächlich viele Todesopfer gefordert.
Heute dient sie in erster Linie als Touristenattraktion wie einige andere gleichnamige Straßen ind en benachbarten Ländern. Mehr Todesopfer fordert heute die neue Straße nach La Paz, weil hier leider immer wieder LKW Fahrer einschlafen und für schwere Unfälle sorgen.
Wie auch immer, sehen wollen wir die Straße schon. Mit Pedro könnten wir sie theoretisch herunterfahren, das ist uns aber zu spannend und mit dem Rad ist es zwar sicher ganz nett, aber einfach zu aufwendig und zu teuer. So nutzen wir also unsere Chance und fahren nach einer kurzen Kaffeepause in Coroico mit unserem neuen Fahrer los zur Straße. Da einige Abschnitte durch Erdrutsche gerade nicht befahrbar sind, fahren wir zunächst die neue Straße in Richtung La Paz hoch und von oben dann ein paar km die alte Straße wieder runter. Ich sitze beim runterfahren auf der Hangseite und es ist schon etwas Nervenkitzel dabei, wenn man aus dem Autofenster seitlich nicht mehr die Straße, sondern nur noch den Abgrund sieht. Aber unser Fahrer kennt die Straße sehr gut und wir fühlen uns durchaus sicher bei ihm im Auto. Und es ist auch nicht viel Gegenverkehr. Bei viel Verkehr mit wilden Rangiervorgängen ist das hier sicherlich eine ganz schön aufregende Sache.
Wir halten ab und zu an und machen ein paar Bilder und dann geht’s wieder rauf und zurück nach La Paz. Auch die Fahrt zurück bietet uns noch viele schöne Ausblicke. Zunächst auf die Berge, später wieder auf diese unglaublich wild gebaute Stadt.
Am Abend kommen wir erschöpft aber zufrieden wieder auf dem Camping Las Lomas an wo Elke schon ein riesen Festmahl für uns gekocht hat. Markus ist leider immer noch sehr schwach und hat in der Nacht hohes Fieber. Langsam machen wir uns echt Sorgen um ihn und die werden so schnell auch leider nicht vergehen.