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In die Cordillera Huayhuash
Nachdem wir die Cordillera Blanca die letzten Wochen ausgiebig genossen und viele Touren gemacht haben, möchten wir weiter nach Süden in die Cordillera Huayhuash. Diese soll nochmal wilder sein und es gibt eine sehr schöne Rundtour die man dort gehen kann. Zwischen sieben und zehn Tagen dauert diese, je nachdem welche Varianten man geht. Die anspruchsvollste Runde ist der sogenannte Alpine Curcuit, die „alpine“ Runde. Dabei ist man immer möglichst nahe an den wilden 6.000er Schnee- und Eisriesen. Allerdings ist diese Variante auch an zwei Stellen recht anspruchsvoll. Am Anfang muss man einen Pass überwinden bei dem über ca. 25 m Höhe recht anspruchsvoll geklettert werden muss. Mit den schweren Rucksäcken keine so leichte Sache. Und dann kommt am Ende noch ein vergletscherter Pass nach dem man auch wieder sehr steil durch Fels abklettern muss. Diese zwei Abschnitte wollen wir uns lieber sparen, aber ansonsten möchten wir möglichst dem Alpine Circuit folgen, weil man da einfach näher an den schönen, hohen Bergen ist.
Aber zunächst müssen wir Caraz verlassen und in den Süden fahren. Nach dem Alpamayo Circuit haben wir uns noch zwei Ruhetage gegönnt und dann soll es losgehen. Sollte. Am Morgen beim Frühstück fühlt sich Delphine nicht so fit und legt sich lieber nochmal hin. Ein paar Stunden später hat sie einen ordentlichen Magen-Darm-Infekt und an weiterfahren ist nicht zu denken. Die nächsten Tage geht es ihr ziemlich mies. Am dritten Tag gehen wir ins Krankenhaus und sie wird mit ein paar Medikamenten und vor allem einigen Infusionen wieder etwas hergerichtet und danach geht es dann auch langsam aufwärts. Was genau sie sich da eingefangen hat und wann das wissen wir nicht. Mir geht es jedenfalls die ganze Zeit gut. Aber es ist immerhin das erste Mal nach fast zwei Jahren Südamerika, dass einer von uns Probleme mit dem Magen hat. Obwohl wir schon auch sehr gerne mal das Essen der einheimischen auf den Märkten und Straßen probieren, weil es einfach sehr lecker ist.
Kleine Wanderung zur Laguna Wilcacocha
Nach einer knappen Woche ist es dann aber so weit. Delphine fühlt sich wieder besser und wir starten die Fahrt in Richtung Huaraz. Die Stadt ist viel touristischer als das recht beschauliche Caraz, aber auch nicht so gemütlich. Komischerweise sind die meisten Touristen die in die Cordillera Blanca kommen hier und fahren dann für die Touren meist nach Caraz oder Yungay, statt ihr Lager gleich dort aufzuschlagen. Wir würden jedem der in die Cordlillera Blanca zum Wandern oder Bergsteigen fährt empfehlen, sein Lager im viel schöneren Caraz aufzuschlagen.
Auf jeden Fall machen wir ein paar Besorgungen in Huaraz und fahren dann weiter raus um einen kleine Wanderung zur Laguna Wilcacocha zu machen. Die schöne kleine Tour läuft für Delphine erstaunlich gut. Wir überholen ein paar Gruppen von deutlich jüngeren Wanderern und sind sehr froh, dass Delphine doch nicht so viel Kraft verloren hat wie befürchtet. Aber wir haben immerhin eine Tour mit gut 100 km Länge und über 6.000 Höhenmetern im Hochgebirge geplant. Mal sehen, wie das dann laufen wird.
Durch die Cordillera Negra in die Cordillera Huayhuash
Eigentlich wollten wir direkt weiter ins Huayhuash Gebirge. Aber da ein paar Tage Erholung sicherlich auch noch ganz gut sind für Delphine und wir uns auch wieder ein bisschen an die großen Höhen gewöhnen wollen, nehmen wir uns lieber ein bisschen mehr Zeit und machen noch ein paar Abstecher in die Berge.
Zunächst fahren wir für eine Nacht zur sehr schön gelegenen Laguna Tapara, die etwas oberhalb der Hauptstraße auf ungefähr 4.200 Metern Höhe liegt. Hier gibt es einige schöne Vögel, einen einzelnen Flamingo und schöne Bergblicke.
Am nächsten Tag fahren wir dann ein Stück zurück nach Norden und biegen dann in Richtung Osten ab um nochmal weiter rauf in die Berge zu fahren. Diesmal in die Cordillera Negra. Wir wollen zunächst die Puya Raimondii sehen. Riesige Blumen die in den Anden an manchen Stellen wachsen. Unter anderem hier in der Nähe der Laguna Patacocha. Bevor wir da hoch fahren treffen wir aber am Straßenrand noch auf Andi. Der deutsche Radler, den wir im Norden Ecuadors kennen gelernt haben, fährt gerade quer durch die Berge Perus nach Süden. Er hatte das Glück, bei der Einreise ein Visum für 180 Tage bekommen zu haben und möchte diese Zeit auch nutzen. Und um hier quer durch die Berge mit hunderten Kilometern Sandpisten und wahrscheinlich weit mehr als 100.0000 Höhenmetern zu fahren braucht man diese Zeit auch. Wir unterhalten uns eine Weile und dann trennen sich unsere Wege wieder. Wir wollen rauf in die Berge wo er gerade herkommt. Aber mit Pedro ist das natürlich auch deutlich einfacher.
Wir fahren also rauf über die Laguna Patacocha ein Stück in den Nationalpark rein und machen dann einen Halt um zu den Puya Raimondii zu laufen die hier ein paar hundert Meter von der Straße entfernt wachsen. Und als wir langsam näher kommen merken wir erst wie groß diese Blumen eigentlich sind. Von weiter weg sehen sie ein bisschen aus wie Kakteen, aber es sind tatsächlich große Blumen die unten eine etwa drei Meter hohe Kugel aus steifen, stacheligen Blättern haben, die ein bischen an die Blätter von Aloe Vera erinnern. Über der Kugel wächst dann der weichere Blütenstab heraus der nochmal einige Meter höher in die Luft ragt.
Wir laufen eine ganze Weile zwischen den Blümchen herum und bestaunen deren Form und Größe, bevor es dann weiter rauf in die Berge geht.
Ursprünglich wollten wir von Caraz direkt nach Chiquian fahren um nicht zu viel Zeit zu verlieren. Aber bevor wir den anstrengenden Huayhuash Trek gehen ist es sicher besser, wenn Delphine noch ein bisschen Pause hat. So haben wir beschlossen, einen Umweg über die Cordillera Negra nach Chiquian zu machen. Das heißt, wir fahren nochmal über schlechte Sandpisten und auf fast 5.000 Meter Höhe durch die Berge Perus.
Ganz oben übernachten wir in der Nähe des Pastoruri Gletschers zu dem wir dann am Morgen auch laufen. Der Gletscher ist sehr bekannt, weil er leicht zugänglich ist, aber ehrlich gesagt sind wir ziemlich enttäuscht. Wir haben vielleicht schon zu viele Gletscher in Südamerika gesehen und dieser ist zwar sehr leicht zu erreichen, aber eben nichts Besonderes. Selbst einige kleine Gletscher in den österreichischen Alpen sind spannender zu sehen.
Als wir dann weiter wollen müssen wir Pedro erstmal überzeugen nach der kalten Nacht auf über 4.800 m Höhe zu starten. Es war unser bisher höchster Übernachtungsplatz mit Pedro und nur mit Starthilfespray, Warmluft aus dem Föhn und viel Geduld bringen wir ihn schließlich zum Laufen. Erst in La Paz werden wir beim nächsten Ölwechsel erfahren, dass wir in Kolumbien sehr schlechtes und sehr zähes Motoröl bekommen haben und er sich deshalb so extrem schwer tut mit dem Start bei der Kälte. Später wird er auch auf beinahe der selben Höhe wieder starten als wäre er am Meer.
Und dann geht’s weiter durchs Hochgebirge. Auf über 4.800 Meter Höhe muss Pedro uns mal wieder bringen. Und das auf Straßen, die zuhause bestenfalls als schlechte Feldwege durchgehen würden. Aber er schlägt sich tapfer und wir kommen langsam aber stetig durch die schöne Cordillera Negra. Zwar gibt es auch hier schöne verschneite Berge und einige Gletscher, aber der Fels ist tatsächlich überall sehr dunkel, daher wohl der Name schwarzes Gebirge.
Nach gut 40 km über Schotterpisten kommen wir am Ende noch an einer Wand mit einigen versteinerten Schnecken vorbei und dann staunen wir nicht schlecht, als die Straße auf der wir weiterfahren sich als super Asphaltstraße erweist. Und das auf einer Höhe in die man in den Alpen nur auf einigen der höchsten Gipfeln gelangt.
Auf dieser super Straße geht es dann schnell in das beschauliche Städtchen Chiquian. Von hier aus wollen wir mit einem Bus weiter zum Ausgangspunkt des Huayhuash Treks nahe Llamac, weil die Straßen hier ziemlich schlecht sind und Pedro hier im Hinterhof des Hostel Nogales gut stehen bleiben kann. Das Hostel ist übrigens eines der schönsten und saubersten die wir in ganz Südamerika gesehen haben. Die Betreiberfamilie ist sehr nett, es gibt einen wunderschönen Garten und auch ein Café gehört zum Hostel. Wir stehen zwar mit Pedro im etwas kargen Hinterhof, können aber den Garten und das Café auch mitbenutzen und fühlen uns hier superwohl.
Die brauchen das: Auf dem Huayhuash Trek
„Die brauchen das“. Das war der Hinweis von Nicole, unserer Freundin von den Swiss Overlanders an ihren Mann Peter, der uns empfiehlt den Huayhuash Trek lieber mit einer geführten Tour und Gepäcktransport zu machen als komplett unabhängig. Und es wird unser Motto wenn es mal wieder anstrengend wird am Berg. Aber sie hat wahrscheinlich auch Recht, wir wollen diese Tour möglichst unabhängig machen um in unserem Tempo und auf den für uns passenden Wegen zu gehen. Und so packen wir mal wieder die großen – leider am Ende auch wieder schweren – Rucksäcke um den bekannten Rundweg in der Cordillera Huayhuash zu gehen.
Los geht’s, Tag eins und zwei auf dem Huayhuash Trek
Und dann geht’s los zu dem Trek, von dem wir schon so viel gehört haben. Mit einem lokalen Kleinbusunternehmen fahren wir morgens von Chiquian aus über das Dörfchen Llamac zum Ausgangspunkt Quartelhuain. Hier heißt es dann die Rucksäcke schultern und gleich zum ersten Pass rauf laufen. Die Umgebung in dem schönen grünen Tal ist nicht besonders spektakulär, aber sehr hübsch. Ich habe tierisch Spaß dran endlich mal wieder zu laufen und gehe bald vorraus, aber Delphine kommt auch ziemlich bald hinterher und ich bin froh, dass sie diesen ersten steilen Anstieg schon wieder ziemlich gut bewältigt.
Die großen, schneebedeckten Berge kommen dann erst auf der anderen Seite des Passes in Sicht. Nach gut 8 Kilometern Strecke erreichen wir heute auch schon unser Camp. Davor staunen wir nicht schlecht, als wir schon zum zweiten Mal an diesem Tag einen für hiesige Verhältnisse nicht gerade geringen Betrag zahlen müssen um weiter zu gehen. Der Übernachtungsplatz, auch für den ist die Gebühr, ist eine große Kuhweide mit sehr schönem Blick auf die ersten der ganz großen Berge hier. Jirishanca und Yerupaja sind nur zwei der Kolosse die wir von hieraus sehen.
Nach einer geruhsamen Nacht geht es dann am nächsten Tag so richtig los mit der Wanderung. Hier zweigen wir zum ersten Mal vom „Normalweg“ ab und gehen über die alpine Variante hoch. Hier bedeutet das für uns erstmal überhaupt einen gangbaren Pfad durch die recht Steile Flanke des Tales zu finden. Von oben haben wir dann super Ausblicke auf die Berge und die Seen in dem Tal aus dem wir aufgestiegen sind. Dann geht’s weiter über die Laguna Alcaycocha und steil durch losen Schotter rechts rauf zum Gletscher unterhalb des Yerupaja wo wir auf knapp 5.000 Metern Höhe erstmal eine Mittagspause machen. Von hier aus sehen wir auch schon die drei berühmten Seen unterhalb des Siula Grande, zu denen wir heute eventuell noch laufen wollen. Aber vorher müssen wir uns erstmal den Abstiegsweg suchen. Wir wissen zwar, dass man hier grundsätzlich runter kann, aber Markierungen oder sichtbare Wege gibt es kaum. Letztlich ist der Abstieg aber leichter als gedacht und nach einem aus vielen Bächen bestehenden Labyrinth im Talgrund erreichen wir schließlich wieder den Normalweg des Treks und laufen noch bis zu einem schönen Platz nahe der Laguna Gangrajanca.
Entlang der drei Lagunen und über den Paso Siula, Tag drei auf dem Huayhuash Trek
Am nächsten Tag sind wir quasi in der Pole-Position um zum Aussichtspunkt über den drei Lagunen zu laufen. Nachdem wir gefrühstückt und das Zelt abgebaut haben gehen wir aber erst mal auf die neben uns gelegene Moräne um von hier schon mal einen schönen Ausblick zu haben. Danach geht’s dann das Talende immer steiler rauf zu dem Mirador. Die ersten geführten Truppen kommen bald von dem etwas weiter entfernten offiziellen Campingplatz. sie starten meist schon morgens um sechs, wenn bei uns bestenfalls der Wecker klingelt. Aber bevor sie oben sind haben wir den Aussichtspunkt noch eine halbe Stunde für uns und genießen den Ausblick über die drei schönen Lagunas unterhalb der Gletscher von Yerupaja und Siula Grande.
Als es dann voll wird gehen wir langsam weiter zum Paso Siula und von da runter durch ein schönes, grünes Tal entlang weiterer beeindruckender Gletscher in Richtung des Campamiento Huayhuash. Davor machen wir aber erstmal eine schöne Mittagspause an einem Bach und nutzen die Gelegenheit für ein kurzes Bad im saukalten Wasser. Am Nachmittag laufen wir dann zu dem angepeilten Camp, dass sich als deutlich größer und voller herausstellt als erwartet. Hier wollen sie schon wieder Geld für den Durchgang haben. Ein bischen erinnert das hier an mittelalterlichen Wegzoll. Jede einzelne Gemeinde legt für das Durchschreiten ihres Gebiets eine Gebühr fest, die dann von den Arbeitern vor Ort kassiert wird. Wir wussten im Voraus schon, dass wir hier immer wieder was zahlen müssen. Das ist grundsätzlich ja auch in Ordnung. Aber übertragen auf Europäische Verhältnisse wäre das in etwa so, als müsste man für eine Wanderung über fünf Kilometer Gemeindegebiet in Deutschland etwa zehn bis fünfzehn Euro zahlen. Das ist dann schon etwas dreist. Zumal es keinerlei konkrete Informationen zu diesen Gebühren und ihrer Höhe gibt. So diskutieren wir also mit dem Betreiber des Campingplatzes, der hier auch für das kassieren zuständig ist, um ihm zumindest klar zu machen, dass es schon sehr unverschämt wirkt was sie da treiben und dass man auch auf ehrlichere Weise gutes Geld mit Touristen verdienen kann, wie man im Rest von Peru und Südamerika durchaus sehen kann. So ärgern wir uns weiterhin jedes Mal, wenn wir zahlen müssen und erfahren später von einem Führer noch, dass das Problem schon seit Jahren besteht und sogar von Seiten der Regierung versucht wird Einfluss darauf zu nehmen. Aber die Gemeinden hier sind weitgehend unabhängig und treiben gegenseitig die Preise immer noch höher, während sich die Maultiertreiber immer mehr Konkurrenz machen und die Preise für ihre harte Arbeit immer weiter sinken. Es ist am Ende wie in vielen Gegenden der Welt, man mag den Nachbarn nicht und gönnt ihm nichts und deshalb zerstört man lieber sein eigenes Geschäft als mit ihm zusammen zu arbeiten.
Wie auch immer, wir wollen nicht auf dem völlig überlaufenen Campingplatz bleiben und gehen noch ein paar Kilometer weiter zu einem kleinen See, an dem wir heute unser Lager noch bei strahlender Sonne und im Warmen aufschlagen.
Über den Paso del Trapecio zum Basecamp des Siula Grande, Huayhuash Trek Tag vier
Beim Aufschlagen des Zeltes war es noch sonnig und warm, aber die Nacht wird dann doch ganz schön kalt und morgens ist das Zelt innen und außen komplett weiß gefroren. Nach dem es getrocknet ist gehen wir los in Richtung Paso del Trapecio und von da weiter zum Mirador über dem Jurau Gletscher. Hier gibt es wieder mal einen super schönen Blick über die Gletscher und Berge der Gegend und auch viele der geführten Touren die den Normalweg im Tal gehen kommen hier rauf um den Ausblick zu genießen.
Nach einer längeren Pause mit – wieder mal – vielen Bildern, gehen wir weiter am Gletscher entlang nach unten. Hier trennen sich die Wege wieder mal und wir sind für die nächsten Tage komplett auf der alpinen Variante unterwegs. Ohne viele Begleiter. Eigentlich hatten wir damit gerechnet, den Gletscher an einigen Stellen betreten zu müssen und dafür auch ein paar sehr leichte Grödel mitgebracht. Aber das Eis ist schon so weit zurückgegangen, dass wir die ganze Zeit neben dem Gletscher laufen können. Weiter nördlich knickt der Weg dann ab und es geht ziemlich steil runter zur sehr schön gelegenen Laguna Juraucocha. Wir wollen aber nicht hier übernachten, sondern noch weiter zur Laguna Sarapococha. Die Karte hat hier allerdings einen Fehler und statt relativ flach ein bischen bergauf zu laufen müssen wir nochmal einiges an Höhenmetern machen, bis wir entlang eines sehr schmalen, steilen und brüchigen Flußabschnitts den Durchgang durch die Moräne zur Laguna finden. Hier erwarten uns schon drei Zelte mit fünf anderen Wanderern aus den USA und Deutschland und so haben wir am Abend wieder mal nette Gesellschaft und uns einiges zu erzählen.
Über den „Sidewalk into the sky“, Huayhuash Trek Tag fünf
Am nächsten Tag soll ein weiteres Highlight der Tour warten. Der „Sidewalk into the sky“ wie es in einer Beschreibung genannt wird. Ein schöner Grat der auf über 5.000 Metern Höhe gegenüber den wunderschönen Sechstausendern Siula Grande, Yerupaja und Rasac bis oberhalb der Laguna Caramarca führt bevor es dann steil zu dieser hinunter geht.
Der Siula Grande ist auch der Berg, an dem der britische Bergsteiger Joe Simpson 1985 nach der Erstbegehung der Westseite des Berges fast umgekommen wäre und letztlich nach Tagen des umherkriechens im Gletscher doch noch zu seinen Begleitern im Basislager gefunden hat. Die Geschichte hat er in dem Buch „Touching the Void“ – deutscher Titel: „Sturz ins Leere“ – das 2003 auch mit dem gleichnamigen Film Erfolg hatte eindrücklich beschrieben.
Wir wollen keine schweren Bergtouren gehen, sondern steigen gemütlich den immer steiler werdenden Bergrücken zu dem Grat rauf. Und oben erwartet uns dann ein Panorama, wie wir es bisher noch selten gesehen haben. Alle paar hundert Meter ändert sich der Blickwinkel und man kommt kaum aus dem Staunen nicht mehr raus. Unterwegs überholt uns noch ein junger französischer Wanderer der den kompletten alpinen Trek alleine geht. Seine Begleiter haben abgebrochen, aber er wollte trotzdem weiter und geht auch die Gletscherpassage die nach der Laguna Caramarca folgt alleine. Der Bursche macht aber auch den Eindruck, als wenn er genug Wissen und Erfahrung hat um das so zu machen. Wir haben auf Grund dieser Gletscherüberschreitung und einer recht anspruchsvollen Kletterei am Anfang des alpinen Treks beschlossen, dass das für uns zu schwer ist. Zumal mit fast dreißig Kilo Gepäck auf dem Rücken.
Und so geht es um viele kleine und größere Felstürme herum am Grat rauf und runter bis wir dann vom Paso Seria aus wieder runter laufen. Vor dem Abstieg haben wir etwas Respekt. Die anderen Wanderer, die wir gestern im Camp getroffen haben waren am Vortag hier und meinten, der hätte nicht einfach ausgesehen und sie würden ihn lieber nicht runtergehen wollen. Andererseits meinten sie auch, der Aufstieg war nicht ganz ohne und für uns war bisher alles in Ordnung. Und so stellt sich letztlich zum Glück auch der Abstieg als relativ einfach heraus. Es geht am Anfang sogar schnell runter über schönen weichen Sand. Später sind es große Steinblöcke die das Vorankommen etwas erschweren, aber gefährlich kommt es und an keiner Stelle vor und so kommen wir schließlich am Nachmittag an die Laguna, genießen noch die schönen Ausblicke und waschen uns ein wenig im eiskalten Gletscherwasser.
Zurück zum Normalweg und zur Laguna Jahuacocha, Tag sechs und sieben auf dem Trek
Am nächsten Tag geht’s erstmal ziemlich weit das Tal runter an dessen Ende wir übernachtet haben. Die alpine Variante würde von hier aus über einen stark vergletscherten Pass führen, aber ohne entsprechende Ausrüstung ist uns das zu heikel und wir gehen lieber zurück zu dem anderen Weg und auf diesem ins Dorf Huayllapa. Der einzige Punkt auf der Tour, an dem man theoretisch wieder in die Zivilisation zurück kann und auch ein wenig Vorräte aufstocken könnte. Da wir aber vorher nicht wussten, was man da so alles einkaufen kann, haben wir lieber einfach alles mitgenommen was wir für bis zu neun Tage unterwegs benötigen. Also viermal abends Couscous und viermal Kartoffelbrei. Dazu etwas getrocknete Tomaten, getrocknete Pilze, Brühwürfel und ein bisschen Salz und Pfeffer. Zum Frühstück gibt’s Porridge und mittags Brot oder eine leichte Nudelsuppe.
Vor dem Dorf müssen wir mal wieder Wegzoll zahlen. Noch mehr als bei den bisherigen Kontrollposten. Wir diskutieren wie immer ein wenig mit dem Kassierer und zahlen dann brav und gehen weiter. Hinter dem Dorf geht’s wieder ein ganzes Stück rauf bis wir schließlich ein wenig oberhalb des Camps Huatiaq einen schönen Platz zum Übernachten finden.
Von da aus geht’s am Morgen dann gleich weiter steil bergauf zum nächsten Pass und dann runter zum Campamiento Gahspapampa. Hier müssen wir dann wieder mal zahlen und treffen unsere Freunde aus den USA/Deutschland wieder, die wir vor zwei Tagen unterhalb des Siula Grande getroffen haben. Zu Mittag essen wir gemeinsam am Passo Yauche und dann geht’s wieder mal über eine besonders schöne Passage weiter in Richtung Laguna Jahuacocha. Und bevor wir diese in einem langen Abstieg erreichen geht es über einen langgezogenen, hügeligen Grat mit gigantischen Ausblicken auf den Yerupaja und seine Nachbarn. Diesmal von der anderen Seite als vor ein paar Tagen.
Im recht vollen Lager an der Laguna treffen wir dann wieder auf einige Bekannte mit denen wir – ja, das gibt es hier – ein schönes, kühles Bier vor dem Abendessen trinken.
Paso Rondoy, Huayhuash Tag acht
Heute ist der letzte Tag auf dem Trek. Wir haben die Wahl zwischen dem direkten Weg nach Llamac – wo wir mit etwas Glück noch heute einen Transport zurück nach Chiquian finden können – oder alternativ über den Paso Rondoy zurück zur Straße weiter oberhalb von Llamac. Wir entscheiden uns für die längere und anstrengendere, aber auch schönere Variante. Der Tag wird am Ende etwas lang. Delphine spürt die fehlende Kraft nach ihrer üblen Krankheit in Caraz vor zwei Wochen. Es ist eh erstaunlich, dass die diese ganz schön lange und anstrengende Tour bisher gut überstanden hat. Und ich bin in Gedanken nicht so ganz da, weil es der vierte Todestag meines Vaters ist, dem es hier auch sehr gut gefallen hätte. So stapfen wir erstmal entlang der schönen Lagunas Jahuracocha und Loteracocha nach Osten und dann geht’s nochmal einige hundert Höhenmeter rauf zum Passo Rondoy. Aber der Umweg hierher hat sich auf jeden Fall mal wieder gelohnt. Noch einmal bekommen wir wunderschöne Blicke auf die Berge und Gletscher der Cordillera Huayhuash und machen eine schöne Mittagspause oben auf dem Pass. Danach geht’s dann runter zur Straße und wir hoffen noch einen Bus zurück nach Chiquian zu erwischen. Hoffnung darauf macht uns auch ein Führer, den wir unterwegs mit seinen französischen Kunden treffen. An der Straße angekommen müssen wir allerdings feststellen, dass hier zwar noch ein paar Autos unterwegs sind, aber keiner Platz für uns hat.
Also verbringen wir nochmal eine Nacht im Zelt und bekommen zum ersten Mal während der Tour auch ordentlich Regen ab. Wobei wir auch erfahren, dass unser Zelt dringend mal wieder eine Imprägnierung benötigt. Freundlicherweise hört der Regen aber nach etwa zwei Stunden wieder auf. Gerade rechtzeitig, bevor es im Zelt so richtig nass wird. Und während Delphine schon mal etwas schläft mache ich mir einen leckeren Kartoffelbrei – Ich kann das Zeug langsam nicht mehr sehen – und danach gibt’s eine Art Pasta mit Soße. Was man halt noch so an Resten hat nach acht Tagen wandern. Delphine isst ein bischen Pasta und verzichtet dankend auf den Kartoffelbrei.
In der Früh scheint wieder die Sonne und wie erwartet kommt dann auch unser Bus vorbei und sammelt uns auf. Nach einem etwas längeren Aufenthalt in Llamac – wir treffen ein paar Kinder und einen recht fitten hundertjährigen Mann – geht’s dann wieder zurück nach Chiquian zu Pedro.
„Die brauchen das“. Ja, gerne. Immer wieder. Wir haben lange davon geträumt diese Runde zu gehen und sind sehr glücklich diese wunderschöne Tour gemacht zu haben. Aber nach acht Tagen in den Bergen freuen wir uns auch wieder sehr auf den Luxus in Pedro und abwechslungsreicheres Essen. Und so genießen wir nochmal zwei Tage in dem beschaulichen Örtchen Chiquian bevor es dann weitergeht in den Süden Perus. Nächstes Etappenziel: Cusco.