Wir sind auf einer Fähre. Wieder mal. In letzter Zeit geht ohne Fähren kaum was weiter. Diesmal bringt uns die Fähre auf die Insel Chiloe die wir ein paar Tage erkunden wollen. Zunächst wollen wir ein ganzes Stück nach Süden fahren und uns die größte Stadt der Insel, Castro, anzuschauen. In Ancud – der ersten größeren Stadt der Insel im Norden – machen wir erstmal nur kurz einen Stopp um uns für das heutige Abendessen ein paar schöne Muscheln zu kaufen und ein bisschen das Treiben am Fischermarkt zu beobachten. Dann geht’s weiter nach Castro
Castro
Castro ist vor allem bekannt für seine Palafitos, die Häuser der Fischer, die am Ufer auf Pfählen stehen. So können die Fischer mit ihren Booten bei Flut direkt bis unter ihre Häuser fahren, bei Ebbe liegen die Boote unter den Häusern auf dem Trockenen.
Wir kommen am Nachmittag in Castro an und fahren erstmal ein bisschen mit den Rädern durch die Stadt um schon mal einen guten Eindruck von dem Ort und den Palafitos zu bekommen. Im Moment kommt die Sonne allerdings von Norden bzw. Nordwesten und die Palafitos sind größtenteils im Schatten. Trotzdem haben wir schon mal ein paar schöne Blicke auf die Stadt und fahren auch ins Zentrum, dass auf einem sehr steilen Hügel über dem Meer liegt. Danach gehen wir schön essen – sehr guter Fisch bzw. leckere Muscheln – und stellen den Wecker mal wieder etwas früher für den Sonnenaufgang.
Bei Sonnenaufgang strahlen die Palafitos dann in aller Farbenpracht. Wir schauen und fotografieren lange und ich packe auch mal wieder die Drohne aus um ein paar Luftaufnahmen zu machen. Es ist gerade Ebbe und die Häuser spiegeln sich sehr schön in den restlichen Pfützen die noch vom Wasser übrig sind.
Als wir schließlich irgendwann genug gesehen haben gehen wir nochmal in die Stadt um die Kathedrale anzusehen. Wie fast alle Kirchen auf Chiloe ist sie komplett in Holz gebaut und angeblich auch nur mit Holznägeln. Von außen ist sie nicht besonders spektakulär, weil sie einfach mit Blech eingekleidet ist, aber innen ist das Baumaterial noch vollständig zu sehen und gibt der Kirche ein ganz anderes Flair als unsere Barockkirchen zuhause.
Am Nachmittag gehen wir, jetzt bei Regen, nochmal zurück zu den Palafitos um sie auch nochmal bei Flut zu sehen, danach fahren wir dann noch ein bisschen aus der Stadt raus zum Übernachten. Morgen wollen wir weiter an der Ostküste hoch in Richtung Norden fahren.
Die Ostküste von Chiloe
Entlang der Küste besuchen wir noch einige Dörfer, bzw. Kleinstädte. Über Dalkahue geht es nach Tenaun, wo wir übernachten und in der Früh die Kirche des Dorfes anschauen. Weiter nördlich sind wir noch in Qemchi, wo es vor allem einen schönen kleinen Markt gibt und schauen noch ein paar weitere Kirchen an. Leider sind die meisten von ihnen geschlossen. Es wird zwar überall Werbung gemacht die Kirchen zu besuchen, aber scheinbar sind sie am Ende der Saison nicht mehr alle geöffnet.
Pinguine suchen in Punihuil
An der Nordwestküste von Chiloe wollen wir versuchen nochmal Pinguine zu sehen. Ende März sind zwar die meisten von ihnen schon wieder im Meer, aber ein paar gibt es angeblich noch. Wir fahren also nach Punihuil und gehen am Strand direkt zu Choto. Wir haben gehört, dass er Kajaks verleiht mit denen man morgens zu den nahe gelegenen Inseln paddeln und dort die Pinguine beobachten kann. Und eine Kajaktour zum Sonnenaufgang auf dem Meer ist bestimmt auch mal schön.
Choto ist eigentlich ein Fischer und Schneckentaucher, der aber – seit der Tourismus hier immer mehr wächst – auch Touristenguide und eben Kajakverleiher ist. Wir treffen ihn bei seinem Haus und verabreden uns für morgen früh.
Als wir am Morgen zu Choto kommen hat er schon ein bisschen was für uns hergerichtet. Wir bekommen beide einen dicken Neoprenanzug und Neoprenschuhe. Als wir die Sachen anziehen fragen wir uns, ob wir wirklich unsere Kameras mitnehmen wollen. Auf die Frage ob er einen wasserdichten Beutel oder ein Fass für die Geräte hat bekommen wir von ihm eine verschließbare Plastiktüte. Er meint, wir würden sicherlich einiges an Wasser abbekommen und dann sollten die Kameras geschützt sein. Nach unseren bisherigen Erfahrungen mit Kajakausflügen scheint das einleuchtend. Aber das Meer ist recht ruhig, es wird schon passen. Und ich war noch nie ohne meine Kamer bei irgendwelchen Ausflügen. Zumindest nicht in den letzten 25 Jahren. So kommt sie also mal wieder mit und Delphine nimmt immerhin nur ihre kleinere Kompaktkamera statt der großen teuren.
Als wir dann auf dem Wasser sind geht es gleich los mit der Action. Direkt auf dem Wasser sind die Wellen plötzlich gar nicht mehr so klein und direkt nach dem Start paddle ich geradeaus durch eine sich gerade brechende Welle und werde ordentlich nass. Aber die Kamera hängt um meinen Hals und ist im Plastiksack gut geschützt.
Weiter draußen ist es dann deutlich ruhiger und wir bleiben im Schutz der Inseln wo es kaum hohe Wellen gibt. Wir paddeln an den Inseln entlang und sehen in der Ferne noch ein paar Pinguine, aber nicht annähernd so schön wie vor drei Jahren in Cabo dos Bahias.
Trotzdem ist es schön auf dem Meer mit der aufgehenden Sonne zu paddeln. Wir genießen unsere Tour noch eine Weile und bewegen uns dann langsam wieder zurück in Richtung Strand. Von etwas weiter weg beobachte wir die Wellen und versuchen einen guten Zeitpunkt zu finden um durch die brechenden Wellen ans Ufer zu kommen. Ich fahre zuerst. Als ich fast schon am Ufer bin kommt von hinten eine sich brechende Welle und schiebt mich nochmal an. Ich paddle nach vorne und werde aber von hinten von der Welle gedreht und dann auf die Seite geworfen. Bevor ich kapiere was passiert liege ich im Wasser und meine Kamera mit mir. Mist. Also nichts wie raus und die Kamera trocknen. Delphine kommt nach mir. Sie hat mich beobachtet als ich gekentert bin und ihre Kamera vorsichtshalber unter die Schwimmweste gesteckt. Natürlich in dem Plastikbeutel. Ihr passiert am Ende das gleiche wie mir. Wir haben einfach keine Ahnung vom Paddeln im Meer. Bei dem ganzen Durcheinander ist Delphine ihre Kamera dummerweise irgendwie rausgerutscht und ins Meer gefallen. Ich sehe den Beutel noch kurz schwimmen und laufe hin, aber bis ich da bin ist er untergegangen. Na toll. Meine Kamera nass und die von Delphine weg. Tolles Ergebnis nach einer kurzen Paddeltour.
Ziemlich frustriert und verärgert gehen wir uns erstmal wieder umziehen bei Choto und dann zu Pedro. Im Nachhinein ist es natürlich ziemlich doof gewesen die Kameras mit zu nehmen, aber wir haben die Situation einfach unterschätzt und jetzt müssen wir es halt schlucken. Ich lege meine Kamera zum Trocknen in die Sonne. Die Hoffnung stirbt schließlich zuletzt. Aber man sieht, dass Wasser in das Innere der Kamera kam und da es auch noch Salzwasser war sind meine Hoffnungen gering, dass sie noch funktioniert. Als kleinen Trost habe ich noch ein Ersatzkamera dabei, aber das ändert nichts daran, dass ich wahrscheinlich gerade eine sehr teure Kamera zerstört habe.
Nachdem wir den größten Frust vergessen haben sind wir bei Choto noch zum Essen eingeladen. Er hat uns ein paar Meeresschnecken gekocht. Delphine bringt dazu noch selbstgemachte Mayonnaise mit und nach anfänglicher Skepsis genießen wir das lecker Essen. Choto zeigt und beim Essen noch seine ganzen Schätze, die er mit der Zeit aus dem Meer gefischt hat. Barten von Walen, jede Menge große Muscheln und Schneckenhäuser und auch einen Faustkeil, prähistorisch wie er meint. Er sieht tatsächlich so aus.
Wir unterhalten uns noch eine Weile mit diesem sehr interessanten Menschen und merken dann aber, wie er langsam unruhig wird und wieder nach draußen will. Er hatte schon gesagt, dass er immer eine Menge zu tun hat und so lassen wir ihn seine Sachen erledigen und gehen zu Pedro. Da beschließen wir noch bis Morgen hier am Strand in der Sonne zu bleiben. Also kommen nach Monaten im stürmischen Patagonien endlich mal wieder unsere Campingmöbel raus und wir genießen einen schönen warmen Tag in der Sonne.
Gegen Mittag kommt Choto winkend angerannt. Ob wir denn gar nicht aufs Meer schauen fragt er. Warum? Weil da draußen Wale sind. Man sieht es an den Wasserfontänen die sie ausblasen. Er versucht gerade ein paar Touristen zusammen zu bekommen um mit dem Boot raus zu fahren und fragt, ob wir mitkommen wollen. Hm, von Wasserausflügen hatten wir eigentlich heute genug, aber Wale aus der Nähe sehen wollten wir schon gerne mal. Also sagen wir zu.
Ein paar Minuten später geht es schon los. Diesmal auf einem großen Motorboot mit gut fünfzehn Leuten. Choto hat das Kommando und zwei seiner Kollegen steuern das Boot und kümmern sich um die Technik. Wir fahren schnell raus uns sehen schon bald das Blasen der Wale. Immer wieder sieht man die Rücken der riesen Tiere und zweimal auch eine große Schwanzflosse die aus dem Wasser kommt.
Choto bleibt in respektvollem Abstand um die Tiere nicht zu stören. Sie sind auch mindestens so groß wie unser Boot und könnten es bestimmt leicht umwerfen. Nach einer Weile fahren wir wieder zurück in Richtung Strand und machen noch einen Abstecher zu ein paar schönen Felsen mit einigen Seevögeln darauf und dann sind wir auch schon wieder zurück. Ein sehr spontaner und umso schönerer Ausflug.
Den Rest des Tages verbringen wir mit Faulenzen in der Sonne und schön Kochen und am nächsten Morgen fahren wir zurück nach Ancud.
Und nochmal Ancud
n Ancud wollen wir vor allem Curanto essen. Der Fischeintopf, der traditionell in einem Erdloch gekocht wird gilt als die Spezialität auf Chiloe. Die meisten Restaurants auf dem Land die ihn anbieten haben leider auf Grund der zu Ende gehenden Saison schon zu. So landen wir letztlich in einem Restaurant in der Stadt in dem der Eintopf zwar nicht im Erdloch, aber doch zubereitet wird. Es ist ein leckeres Gemisch aus verschiedenen Muscheln, Gemüse, einer Art Kartoffelknödel und Fleisch. Wir sind jetzt nicht gerade völlig von den Socken, aber es schmeckt gut. Und wir wissen natürlich nicht, wie das originale Curanto aus dem Erdloch schmeckt.
Nach einem Streifzug durch die Stadt – die zwei Museen die wir besuchen wollten haben leider heute zu – verabschieden wir uns bei Regenwetter in Richtung Norden und suchen uns ein Plätzchen an der Küste zum Übernachten. Morgen ist mein erster Geburtstag auf der Reise. Bei unserem ersten Start vor drei Jahren sind wir genau einen Tag vor meinem Geburtstag wieder heimgekommen und haben ihn zu zweit in meiner Wohnung gefeiert. Auf Grund des Lockdowns und der Quarantäne gab es damals nicht mal von meinen Eltern von nebenan richtigen Besuch. Nur in großem Abstand konnte gratuliert werden.
Diesmal sind wir auch nur zu zweit. Keiner kommt zu Besuch. Aber die Grundstimmung ist dann doch eine andere. Delphine hat beschlossen wieder mehr zeichnen zu wollen und ich bekomme zum Geburtstag ihr erstes Werk. Ein Bild von uns beiden in Patagonien.
Außerdem hat sie einen super Kuchen gebacken und dank moderner Kommunikationsmöglichkeiten bekomme ich natürlich auch viele Wünsche und Anrufe von zuhause. Alles in allem also ein super Abschluss für unseren Ausflug auf die Insel Chiloe. Und so fahren wir nach dem ausgiebigen Geburtstagsfrühstück zur Fähre und mit dieser wieder zurück aufs Festland.