Die Carretera Austral, also die Straße des Südens, ist eine Verbindung von Puerto Montt nach Villa O’Higgins im Süden von Chile. Sie wurde in den siebziger Jahren des letzten Jahrhunderts angelegt um die vielen kleinen Estancias und Fischerhäfen zu erschließen die bis dahin nur mühsam über Wasser oder über argentinische Straßen erreichbar waren.
Unter Reisenden ist sie sehr beliebt, weil sie durch eine Landschaft mit wunderschönen vergletscherten Bergen, großen Seen und weiten Wäldern führt.
Bevor wir aber zur Carretera Austral nach Chile fahren wollen wir uns noch die Cueva de los Manos ansehen. Diese liegt etwas abseits der Ruta 40 in einem schönen Canyon den wir über eine Schotterpiste von ca. 30 km erreichen. Alleine der Canyon ist die Fahrt schon wert. Die Cueva de los Manos, die Höhle der Hände, kann nur mit einer Führung besucht werden. Dies ist aber sehr gut gemacht und sehr informativ. In der Höhle und der Umgebung haben schon vor sehr langer Zeit Menschen gelebt. Sie haben vor ca. 9000 Jahren angefangen ihre Hände an die Felsen vor der Höhle zu malen. Dazu haben sie eine Hand – meist die linke – an den Felsen gehalten und dann die Farbe außen herum aufgetragen. Wahrscheinlich gespuckt. Zusätzlich zu den Händen gibt es noch ein paar einfache Malereien an den Wänden. Meist von Guanacos und der Jagd. Ein paar der Malereien sind wahrscheinlich auch Landkarten von der Gegend und Anleitungen zur Jagd. Es ist auf jeden Fall beeindruckend diese uralten Darstellungen an den Wänden zu sehen. Und das alles in Farben die nach vielen tausend Jahren immer noch ziemlich kräftig sind.
Der Weg zurück zur Ruta 40 führt uns mit Pedro auf einer anderen Strecke durch den Canyon hindurch. Drüben führt eine steile Rampe mit ca. 23 % Steigung wieder rauf. Alles in eher losem Schotter. Delphine geht schon mal zu Fuß vor. Sie will filmen wie Pedro hoch fährt. Oder auch nicht. Ich nehme möglichst viel Schwung und fahre mit knapp 50 km/h im zweiten Gang die Rampe an. Pedro flitzt die ersten Meter hoch und wird dann deutlich langsamer. Dummerweise kann man erst sehr spät in den ersten Gang runter schalten und verliert dadurch einiges an Schwung. Irgendwann drehen die Reifen das erste mal durch und es geht kaum noch weiter. Noch ein paar Meter und es ist Schluss. Also fahre ich alles rückwärts zurück für den zweiten Versuch. Wenn der nicht klappt ist Delphine dran. Ich hole diesmal noch mehr Schwung und komme ein paar Meter weiter. Aber ich bin zu weit links. Hier ist der Schotter einfach zu lose. Ich setze ein paar Meter zurück und fahre sehr vorsichtig an. Die Reifen drehen durch und es wirbelt ganz schön viel Staub auf, aber Pedro kommt langsam höher. Es sind nur noch ein paar Meter bevor es flacher wird und ich quäle sowohl den Motor als auch die Reifen indem ich weiterfahre solange sich unser Wohnmobil noch vorwärtsbewegt. Und tatsächlich, nach viel aufgewirbeltem Staub komme ich in den flacheren oberen Teil des Berges und wir können weiterfahren. Hätte es so nicht geklappt hätte es Delphine wahrscheinlich geschafft. Und wenn auch das nicht geht dann muss eben Luft raus und im Notfall die Schneeketten auf die Reifen, aber so hat Pedro uns schon mal gezeigt was noch möglich ist und wir wissen jetzt auch ganz gut was wohl eher nicht mehr geht mit unserem gemütlichen alten Ducato.
Ein paar Kilometer weiter kommen wir zurück auf die Ruta 40. Vorbei an einigen sehr bunten Felsformationen fahren wir noch im letzten Tageslicht nach Perito Moreno. Nein, nicht dem Gletscher. Auch nicht dem Nationalpark. Diesmal ist es der Ort. Ein kleines Städtchen östlich des Lago Buenos Aires das auch den Namen des berühmten argentinischen Forschers trägt.
In Perito Moreno wollen wir wieder mal einkaufen, unsere Bilder und Blogeinträge aktualisieren und auf Carlos und Ger warten die vom Nationalpark aus über die Ruta 41 in Richtdung der Cueva de los Manos gefahren sind. Die Ruta 41 ist eine unter Reisenden sehr beliebte Strecke die landschaftlich sehr schön sein soll. Aber ohne 4×4 kommt man da wohl nicht durch. Nichts für Pedro.
Wir reparieren ein paar Dinge an Pedro. Durch das ständige rütteln auf den Schotterpisten hat sich der Hängeschrank in unserer Küche gelöst und ich fixiere ihn mit ein paar etwas stärkeren Schrauben als die des Erbauers. Und die Hecktür schließt nach mehr als 20 Jahren nicht mehr so richtig schön. Da an ihr auch noch unserer Räder hängen ist es mir aber schon wichtig, dass sie sich nicht während der Fahrt öffnen kann. Also wird auch hier soweit improvisiert, dass die Tür wieder halbwegs gut schließt und es auch nicht kalt in unser Schlafzimmer reinziehen kann.
Nach zwei Tagen Aufenthalt geht es dann weiter zum Lago Buenos Aires und über die Stadt Los Antiguos nach Chile Chico in Chile.
Nach fast drei Monaten in Argentinien fahren wir also mal wieder nach Chile. Hier dürfen ja keine frischen Lebensmittel eingeführt werden. Alle Arten von Fleisch, frischem Gemüse und Obst und auch Honig sind streng verboten. Es soll damit vermieden werden, dass sich Schädlinge und Krankheiten in Chile ausbreiten können. Der Kontrolleur an der Grenze nimmt es diesmal besonders genau. Zuerst müssen wir die Motorhaube öffnen. Nachdem er da nichts findet schaut er in Pedro in jeden Schrank und sogar in Delphines Kameratasche. Tatsächlich haben wir einen Honig vergessen und ein paar Knoblauchzehen haben wir eh schon parat zum „opfern“. Leider dürfen wir auch die getrocknete Pfefferminze die wir in El Calafate von Marcelo bekommen haben nicht mitnehmen und ein paar Rosinen kassiert er auch ein. Die sind an der Sonne getrocknet. Das reicht nicht. Sie müssten im Ofen getrocknet sein.
Ab der Grenze fährt Pablo mit. Er ist Argentinier und reist mit dem Rucksack durch Patagonien. Wir sind die ersten die ihn im Auto mitnehmen. Wieder mal auf unserem Ausziehocker ohne Gurt. Kurz nach Chile Chico stehen noch vier Tramper am Straßenrand. Zwei Jungs und zwei Mädels. Wir halten an und erklären, dass wir noch eine weitere Person auf dem Boden hinten mitnehmen können. Am Ende kommen die Mädels beide mit. Jana und Lara aus Schwäbisch Hall wollen auch zur Carretera Austral und weiter nach Norden.
So fahren wir zu fünft die sehr schöne Etappe am Südufer des Lago Buenos Aires entlang der hier in Chile Lago General Carrera heißt. Die Straße ist leider nicht mehr asphaltiert, sondern eine der schlechtesten Schotterpisten die wir bisher in Südamerika gefahren sind. Zwar gibt es nicht so viele Wellen wie sonst, aber die Schlaglöcher sind so viele, dass man ihnen einfach nicht immer ausweichen kann. Eigentlich würde ich sowas nur im Schritttempo fahren. Noch dazu mit dem ziemlich überladenen Pedro. Aber dann kommen wir nie durch Südamerika. So fahren wir, zwar langsamer als die meisten anderen Autos hier, aber immer noch mit durchschnittlich 30 km/h von einem Schlagloch zum nächsten und es fühlt sich über Stunden so an, als würde unser schönes Auto gleich komplett auseinanderfallen. Tut er aber nicht. Er macht diese Tortur immer wieder erstaunlich gut mit.
In dem kleinen Örtchen Puerto Guadal gehen wir kurz einkaufen und schauen bei einem Mann vorbei, der ein kleines, privates Museum betreibt. Wir wollen nur kurz sehen, ob das Museum von dem wir gelesen hatten, noch da ist und ob wir dann morgen oder übermorgen nochmal ein paar km extra fahren um es noch anzusehen. Erstmal wollen wir noch ein Stück nach Süden um den Zusammenfluss des Rio Baker und des Rio Nef noch morgen früh mit Sonne anzuschauen bevor dann für zwei Tage der Regen kommt. Das Museum ist noch da, und Michael, der Besitzer und Betreiber freut sich, wenn wir morgen wiederkommen.
Wir fahren mit unseren drei Mitfahrern/Innen noch bis zur Carretera Austral und diese noch ein paar Kilometer nach Süden runter bevor wir am Lago Bertrand ein schönes Plätzchen zum Übernachten finden. Lara, Jana und Pablo stellen ihre Zelte gleich neben Pedro auf.
Die beiden Mädels laufen am Morgen die paar Meter zur Straße um direkt nach Norden weiter zu trampen. Pablo kann direkt bei einem Pärchen aus Heilbronn weiter mitfahren die auch in den Norden wollen, aber nur einen Platz haben und wir fahren erstmal noch ein paar km nach Süden um uns den Zusammenfluss der beiden Flüsse Rio Baker und Rio Nef und den schönen Wasserfall des Rio Baker der direkt daneben ist anzusehen.
Eigentlich kann man die Carretera Austral noch bis Villa O’Higgins nach Süden weiterfahren. Es ist auch sehr schön hier und würde uns schon auch interessieren, aber uns sitzt etwas die Zeit im Nacken. Wir wollen ja auch noch so viele Sachen weiter im Norden sehen. Vor allem Bolivien, Peru und Ecuador ziehen uns gewaltig an und davor gibt es noch so viele interessante Dinge in Chile und Argentinien zu sehen und zu erleben, dass wir langsam einfach ein paar Dinge auslassen müssen. Und mit unseren vielen langen und schönen Wanderungen haben wir inzwischen so viele Gletscher und Flüsse und Seen in Patagonien gesehen, dass wir schweren Herzens beschließen, den ganz südlichen Teil der Carretera Austral auszulassen um etwas zügiger in Richtung Norden zu kommen. Da warten einige schöne Vulkane und noch viele andere spannende Dinge.
Wir fahren also wieder zurück nach Norden und machen nochmal einen Abstecher nach Puerto Guadal um das Museum von Michael anzuschauen.
Kurz vorher nehmen wir noch Sahel aus Israel mit, der in Richtung Osten weiter möchte und auch kurzentschlossen zu unserem Museumsbesuch mitkommt.
Ein Museum in so einem abgelegenen kleinen Dorf? Ja, Michael ist Bastler, Maler, Sammler und eben Museumsbetreiber. Er lebt seit einigen Jahren hier in Puerto Guadal. Davor hat er jahrelang auf einer recht einsamen Insel vor der Küste gelebt und wollte mehr unter Leute. Also bisschen mehr nur. Ursprünglich kommt er aus Concepcion. Einer Stadt an der chilenischen Küste weiter im Norden. Da fährt er zwar ab und zu hin um sich neue Inspiration für seine Kunst zu holen, aber leben will er lieber hier.
In seinem Museum hat er viel zur Geschichte der Ureinwohner von Chile zusammengetragen. Vor allem viele Bilder, die er nachgedruckt hat und dazu viele Nachbauten von kleineren Totems die er selbst erstellt hat. Er kann eine Menge über die teils grausigen Geschichten der einheimischen Völker hier erzählen.
Neben den Totems aus Holz hat er aber auch einige Modelle von Gebäuden erstellt, die es nicht mehr gibt. Teils auf Bitten der Besitzer, bevor die Gebäude abgerissen oder komplett saniert wurden. Einige dieser Modelle hat er hier ausgestellt. Dann gibt es noch einen Raum mit allen möglichen Alltagsgegenständen aus dem Ort. Er hat viele alte Sachen zusammengetragen und fast alle Einwohner des Orts interviewt um die Geschichte möglichst genau zu dokumentieren.
In einer anderen Ecke des Gebäudes sind ganz viele Kobolde in einer kleinen Koboldslandschaft aufgestellt. Später machen wir noch ein paar Bilder unserer Puppen zwischen den Kobolden.
Und dann gibt es noch eine ganze Menge unterschiedlicher Bilder von ihm. Alle möglichen Arten von Malerei hat er schon gemacht. Besonders gut gefallen uns seine aktuellen Bilder. Sehr farbige Zeichnungen, teils abstrakt, teils sehr real. Viele in alten Fensterrahmen aus dem Ort gerahmt. Leider sind die Bilder viel zu groß um eins mit zu nehmen. In unserer Wohnung zuhause wären sie sehr schön.
Nach über drei Stunden Führung verabschieden wir uns von Michael und fahren weiter nach Rio Puerto Tranquilo. Hier wollen wir gemeinsam mit Carlos und Ger noch einen Ausflug zu den berühmten Marmor Höhlen machen bevor sich unsere Wege dann leider endgültig trennen werden.