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In Mendoza hatten wir uns ja schon die Route für die nächsten Wochen zurechtgelegt. Dabei wollten wir immer weiter in die Wüste und auch zum ersten Mal so richtig weit rauf in die Anden. Fiambala liegt zwar noch nicht allzu weit oben in den Bergen, aber die Gegend besteht immer mehr aus teils ziemlich bunten Canyons und vielen sandigen Abschnitten und die Gebäude sind mehr und mehr als klassische Lehmbauten oft auch mit Lehmdächern gebaut.
Fiambala und Umgebung
In Fiambala wollen wir vor allem in die Thermen die etwas außerhalb vom Ort in den Bergen liegen. Wir fahren in den Ort und schauen uns ein bisschen um. Die Ortschaften werden hier, aus unserer Sicht, immer interessanter. Zwar gibt es, wie überall in Argentinien und Chile, auch hier viele eher zweckmäßige Holzbaracken, aber es gibt auch mehr und mehr Lehmgebäude und vor allem auch ältere Gebäude und Kirchen die recht ansehnlich sind. Und auch die zentralen Plätze in den Orten hier sind grüner und mehr belebt als dies oft im Süden der Fall war.
In der Touristeninformation besorgen wir uns die Karten für die Thermen und versuchen noch etwas über die Umgebung zu erfahren. Die Informationen sind aber wie so oft sehr spärlich und wir recherchieren dann doch lieber per Internet. Westlich von Fiambala kann man zum Paso San Francisco der auf fast 4800 Metern Höhe nach Chile führt. Allerdings sind es bis dahin noch über 200 km und wir wollen erstmal auf der argentinischen Seite weiter die Anden hochfahren. Aber etwa 150 km vor dem Pass zweigt eine Schotterstraße in die Berge ab die zum ebenfalls fast 5.000 Meter hohen Balcon del Pissis führt, einem schönen Aussichtspunkt den wir gerne besuchen würden. Aber angeblich ist das nur mit einem Allradfahrzeug möglich. Davor gibt es noch den deutlich näher gelegenen Canyon del Indio. Den wollen wir auf jeden Fall sehen.
Aber erstmal geht’s am Abend östlich von Fiambala in die Wüste. Kaum aus dem Ort rausgefahren geht es zwischen flachen Sanddünen und Felswüste hindurch zu den Termas de Fiambala. Und dort wird erstmal wieder ausführlich geplantscht. Die Thermen liegen an einem Hang an dem oben eine etwas über 50°C heiße Quelle mündet. Über insgesamt zehn schön angelegte Steinbecken fließt das Wasser dann runter und man hat mit den verschiedenen Becken einen Temperaturbereich von ca. 30°C bis 45°C zur Auswahl. Und wir nutzen die Becken alle ausgiebig. Naja, das Becken mit 45°C nicht ganz so lange, ein paar Minuten halte ich es schon aus darin, aber dann muss ich wieder in „kälteres“ Wasser. Also wieder zurück ins kühle 38°C Becken.
Nach ein paar Stunden sind wir die letzten noch verbliebenen Gäste und machen uns auch langsam wieder abfahrbereit. Aber dank Pedro müssen wir nur ein paar km den Berg runterfahren und können dort mit Blick auf Fiambala in der Wüste übernachten. Ich nutze die Chance auch gleich für ein paar Bilder von Pedro unter der Milchstraße, die hier trotz des Lichtes aus dem Dorf schon sehr schön zu sehen ist.
Am nächsten Tag wollen wir zu dem bereits erwähnten Canyon del Indio und vielleicht auch noch ein bisschen weiter in die Berge. Davor sind wir aber noch neugierig auf die Duna Magica die sich in Saujil, einem kleinen Dorf etwas nördlich von Fiambala befindet.
Wir laufen zweimal auf die Düne und rennen durch den weichen, warmen Sand runter. Wir beobachten auch einige andere Touristen die sich Sandboards geliehen haben um damit die Düne runter zu fahren, aber scheinbar ist das nicht so einfach. Zumindest sehen wir nur Leute die irgendwann mit viel Schwung viele unfreiwillige Purzelbäume im Sand machen. Mit Ski wäre das sicherlich ein spannender Versuch, aber auf so einem Sandboard, sitzend oder stehend ist mir das nicht so geheuer. Eine Argentinierin mit der wir kurz zuvor noch gesprochen hatten bricht sich leider bei so einer Aktion das Handgelenk. Mist. Aber wir können leider kaum helfen. Der Freund der mit ihnen unterwegs ist, ist Arzt und hat auch einige Schmerztabletten parat. Wir können nur eine Mullbinde dazu geben und alles Gute wünschen.
Jetzt geht es aber wirklich zum Canyon del Indio. Von Fiambala aus führt uns eine geteerte Straße in die Berge und nach ca. 20 km sind wir beim Canyon. Als wir in den Canyon rein laufen stellen wir fest, dass man hier sogar mit dem Auto ein ganzes Stück reinfahren kann. Vielleicht ist das ja eine schöne Möglichkeit zum Übernachten heute. Aber erstmal geht’s zu Fuß so weit wie möglich in den Canyon hinein. Der wird mit der Zeit immer Enger, bis er am Ende wirklich nur noch eine sehr schmale Felsschlucht ist in der man stellenweise nur noch kletternd weiterkommt. Die Felsen um uns herum sind aus rotem Sandstein und wirken teilweise ziemlich zerbrechlich. Letztlich ist aber doch alles halbwegs stabil. Am Ende geht es durch ein ziemlich kleines Loch und plötzlich weitet sich alles wieder und wir sind in einem kleinen Flusstal. Hier könnte man zwar noch weiter nach hinten laufen, aber Delphine entdeckt einen Weg der seitlich über die Felsen hochführt und so klettern wir bis es nicht mehr weiter geht hoch und finden schließlich auf der anderen Seite einen Abstieg in das mindestens genauso schöne Seitental. Über das kommen wir dann auch wieder zurück zur Straße und beschließen, nachdem der Tag eh bald zu Ende ist, mit Pedro in das Tal zu fahren aus dem wir gerade kommen und dort zu übernachten. Also wieder eine Nacht in der Wüste zwischen Felsen, ein paar Bäumen und unter der hellen Milchstraße. Es gibt wirklich schlimmeres.
Am nächsten Morgen laufe ich nochmal kurz bis zu der ganz engen Stelle im Canyon um ein paar Bilder zu machen und dann geht’s weiter. Wir wollen noch ein Stück die Straße weiter rauf zur Quebrada (Quebrada = Schlucht) de la Angostura. Die soll wohl auch sehr schön sein und ist nicht mehr so weit.
Also geht es weiter die Straße hoch. Vor der eigentlichen Schlucht, durch die unsere Straße führt, sehen wir hinten in einem Seitental eine bunt gestreifte Felsformation. Die müssen wir uns anschauen. Zum ersten Mal sehen wir die bunt gestreiften Felsen, denen wir hier im Norden Argentiniens noch öfter begegnen werden. Es sind einfach Felsen, die in Schichten von Rot, Gelb, Grün und Braun leuchten. Als hätte jemand gezielt bunten Sand schichtweise in die Landschaft gekippt. Einige davon, wie der Cerro de Siete Colores in Purmamarca sind sehr bekannt, andere, wie diese hier entdecken wir zufällig, sie sind aber nicht weniger spannend.
Weiter geht’s dann den Berg hoch durch die Quebrada und wir beschließen gleich noch ein paar Kilometer weiter bis zum Abzweig zum Balcon del Pissis zu fahren. Vielleicht können wir da ja doch ein Stückchen rauf.
Die Abzweigung ist auf einer Höhe von 3.200 Metern. Pedro merkt man die Höhe schon an. Wenn wir zu viel Gas geben kommt einiges an Ruß zum Auspuff raus und er hat immer wieder kurze Motoraussetzer. Aber wir kommen immer noch gut vorwärts und die Straße zum Balcon del Pissis ist zwar eine Schotterstraße, sieht aber ziemlich gut aus. Also beschließen wir es einfach mal zu versuchen soweit es halt geht. Wir lassen wieder mal Luft aus den Reifen, damit sie etwas weicher sind für den Ripio und starten los ins kleine Abenteuer.
Zunächst geht es ein paar Kilometer ins Tal hinter. Danach kommen die ersten Serpentinen und wir gewinnen an Höhe. Uns kommt ein Pickup entgegen der wie wild hupt und uns Zeichen macht umzukehren. Aber anhalten und erklären warum wir wenden sollen tut er nicht. Wir beschließen es zu ignorieren und fahren weiter. Es geht rauf. Nach einer Weile haben wir die Höhe der Wildspitze – mit knapp 3.800 m immerhin der höchste Berg in den Ötztaler Alpen – erreicht und Pedro zickt zwar etwas rum, fährt aber im Großen und Ganzen gut weiter.
Etwas weiter oben kommt uns ein „Radierer“, eine große Baumaschine die den Schotter immer wieder glättet, entgegen. Wir halten kurz an und Delphine fragt den Fahrer nach der weiteren Strecke. Er meint, es ist alles super und die Strecke gut in Schuss. Bedenken, dass wir da hoch fahren hat er gar keine. Und auch weitere Baufahrzeuge und Fahrzeuge der Betreiber der Mine weiter oben die uns entgegenkommen winken nur nett. Der erste war vielleicht ein Tourenanbieter der es nicht so toll findet, dass Touristen mit ihren privaten Fahrzeugen hier hochkommen.
Egal, wir fahren weiter und überschreiten mit einem kräftig rußenden Pedro zum ersten Mal die 4.000 m Grenze. So richtig toll sieht das nicht aus was Pedro da aus dem Auspuff raus lässt, aber wir wollen trotzdem zumindest über den ersten Pass mit 4.500 Metern Höhe noch fahren. Bis dahin bringt uns Pedro auch gut und wir steigen aus, genießen die Ausblicke und spüren auch bei jeder schnelleren Bewegung die Höhe ganz gut. Unsere letzte Nacht war auf unter dreitausend Metern und jetzt sind wir mehr als 1.500 Meter höher und wollen nach dem Pass auf ca. 4.300 Metern übernachten. Eigentlich nicht so gesund, aber im Notfall müssen wir halt in der Nacht wieder runter. Wir fahren noch weiter bis zur Laguna de los aparejos. Diese liegt auf ca. 4.200 m Höhe. Wir wollen es hier bleiben lassen mit der Weiterfahrt, weil uns Pedros Verhalten in der Höhe nicht so gut gefällt. Au0erdem ist uns gerade noch ein älteres Pärchen aus Argentinien begegnet die wir gestern beim Canyon del Indio kennen gelernt haben. Die beiden sind mit einem ganz normalen PKW unterwegs und wollten es auch mal versuchen zum Balcon del Pissis, sind aber bei der nächsten Steigung nach der Laguna umgekehrt, weil es da wohl doch etwas wilder und steiler wurde. Sie geben uns noch ein paar Kokablätter gegen die Höhenkrankheit die wir bei unserem nächsten Mate mit ins heiße Wasser geben. In Europa würden die Blätter wohl schon unters Drogengesetz fallen und man würde eine Anzeige alleine für den Besitz bekommen. Hier ist es eine Alltagsdroge genau wie Alkohol und Zigaretten und bei gering dosierter Anwendung sicherlich nicht schlimmer als manch anderer Tee. Und es hilft eben gegen leichte Anzeichen der Höhenkrankheit wie Kopfweh und leichte Übelkeit.
Wir suchen uns einen schönen Platz neben der Straße und genießen die Ausblicke in die Weite um uns herum. Wir sind in einem sehr ebenen Hochtal. Etwas weiter ist die Laguna und in Richtung Westen sind einige Sechstausender zu sehen. Ein paar davon wären auch interessant zum Besteigen. Relativ einfache Wanderberge, aber auf Grund ihrer Abgelegenheit für uns mit Pedro nicht zu erreichen. Dafür benötigt man dann ein deutlich geländegängigeres Fahrzeug. Aber in Bolivien und Peru gibt es noch reichlich hohe Berge an die man auch leichter rankommt. So begnügen wir uns vorerst noch mit dem anschauen der hohen Berge.
Während wir noch die Umgebung anschauen kommt auch ein Fahrzeug mit Minenarbeitern vorbei. Der Fahrer hält an und fragt uns ob alles in Ordnung ist. Er warnt uns noch vor der sehr kalten Nacht, -15°C sind hier nicht unüblich, und empfiehlt uns in der nahe gelegenen Schutzhütte zu übernachten. Die haben wir vorhin schon gesehen, aber da ist uns Pedro deutlich lieber. Bevor er weiter fährt meint er noch, dass sie morgen früh gegen neun wieder hier vorbeikommen. Sollten wir irgendwelche Probleme haben können sie uns dann helfen. Wow, diese Hilfsbereitschaft erleben wir in den abgelegenen Gegenden hier die nächsten Wochen immer wieder. Vor allem auch von den Arbeitern der verschiedenen Minen in der Gegend. Sie sind auch scheinbar nicht genervt davon, dass auf den Straßen immer wieder private Touristen fahren, die sicherlich öfter mal Hilfe benötigen. Wir hoffen aber mal, dass wir ohne Hilfe zurechtkommen. Allerdings muss Pedro bevor es runter geht nochmal die dreihundert Höhenmeter zum Pass rauf. Und Delphine fühlt sich nicht besonders wohl. Bei der Höhe kein Wunder. Auf das Abendessen verzichtet sie und geht sehr früh ins Bett. Mir geht es ziemlich gut, aber ich habe ein bisschen Sorgen, weil wir es schon ziemlich übertrieben haben mit unserem hohen Schlafplatz. Zwar können wir theoretisch mit Pedro schnell wieder deutlich weiter runterfahren, aber nur, wenn der auch mitmacht. Delphine schläft und ich mache ab und zu einen Tee und wecke sie zum Trinken. Dazwischen bin ich draußen und versuche die sehr klare Milchstraße über Pedro zu fotografieren. Gar nicht so einfach bei den deutlich sinkenden Temperaturen.
Am nächsten Morgen hat Delphine immer noch ordentlich Kopfweh und das kleine Frühstück will auch nicht drinbleiben, aber richtig schlimm scheint es nicht zu sein. Und wir wollen ja eh wieder runter. Pedro springt super an und fährt die kurze Strecke zum Pass besser hoch als gestern. Vielleicht hat ihm die Kälte in der Nacht ganz gutgetan. Ich habe auch schon den Verdacht gehabt, dass vielleicht der Auspuff mit Ruß voll ist und der durch die große Kälte etwas gelöst wurde. Mal sehen, wie er sich weiterhin verhält.
Am Pass machen wir noch ein paar Bilder und sehen dann zu, dass wir weiter runterkommen. Während der Abfahrt begegnen wir noch einer Gruppe Vicunas, quasi die Guanacos der hohen Berge. Etwas kleiner und scheinbar auch weicher als die Guanacos, aber sie sehen sonst sehr ähnlich aus. Pedro macht sich im Großen und Ganzen ganz gut. Er rußt viel, hat aber scheinbar erstmal weniger mit der Höhe zu kämpfen als gestern. Weiter unten gebe ich ein paar Mal mehr Gas, was scheinbar dazu führt, dass er eher wieder schlechter läuft. Auch als wir wieder fast unten in Fiambala sind geht es nicht so viel besser. Naja, wir können ja mal bis Belen – der nächsten größeren Stadt – fahren und da sehen, was genau los ist. Das sieht Pedro aber anders. Nach dem kurzen Besuch in einem kleinen Weingut am Ortsausgang von Fiambala wollen wir weiter, er aber nicht. Es geht noch mit maximal 40 km/h weiter und er zieht nur sehr wenig. Dann also nicht. Wir fahren zurück zur Kirche neben dem Weingut, die witziger weise dem heiligen Pedro geweiht ist, und parken da um morgen, am Montag, einen Mechaniker in Fiambala aufzusuchen. Am Abend schauen wir uns noch die Kirche an, in der gerade ein großer Gottesdienst stattfindet. Vielleicht kann San Pedro ja was für seinen Namensvetter tun damit er wieder besser fährt.
Aber alleine auf den Heiligen wollen wir uns nicht verlassen. Wir recherchieren beide schon mal im Internet was das Problem sein könnte. Zu meiner Theorie mit dem verrußten Auspuff finde ich nichts und verwerfe sie deshalb erstmal. Delphine stößt auf einen französischen Bericht in dem das Abgasrückführungsventil als mögliche Ursache genannt wird. Haben wir nicht denke ich, schau aber vorsichtshalber nochmal genauer nach. Aha, hat Pedro doch. Und das Ding mag zu viel Ruß nicht. Aber letztlich habe ich keine Lust auf gut Glück alle möglichen Teile von Pedro auszubauen und so beschließen wir am nächsten Tag einen Mechaniker aufzusuchen.
Wir haben uns einen auf Google Maps gut bewerteten Mechaniker im Dorf ausgesucht –einer von insgesamt drei im Ort – und fahren in der Früh zu seiner Werkstatt.
Werkstatt? Naja, es ist ein Hof zwischen zwei Wohnhäusern auf dem alle möglichen Autoteile rumliegen. Und etliche Autowracks stehen auf dem Hof und auf der Straße davor. Im Hof gibt es ein stabiles Dreibeingestell mit einem Flaschenzug oben dran. Keine Hebebühne, keine Grube, keine Werkstattgebäude. Wir sind etwas skeptisch, aber Delphine spricht den Mechaniker der draußen an einem großen Busmotor schraubt an und erklärt ihm unser Problem. Nach kurzem hin und her bittet er uns direkt mit Pedro in den Hof zu fahren, lässt seine aktuelle Arbeit stehen und schaut sich Pedro gleich an.
Eduardo, so heißt unser Mechaniker, wohnt hier mit seiner Frau, einigen seiner Kinder und Enkelkindern. Die Enkel lernen wir auch bald kennen. Während Eduardo sich vom Luftfilter über den Dieselfilter über das von uns verdächtige AGR-Ventil bis hin zur Einspritzpumpe Pedro Stück für Stück vornimmt kommen die Kinder und spielen um uns rum, bestaunen Pedro von innen, spielen auf unseren Ocarinas und machen einfach Quatsch mit uns. Als Eduardo uns mitteilt, dass er die Einspritzdüsen verdächtigt, diese aber erst bestellen muss und wir daher drei Tage hier warten müssen sind wir nicht besonders begeistert, die Kinder aber sehr.
Aber dann ruft er noch einen Kollegen an, der ihm den Tipp gibt mal den Katalysator anzusehen. Die Dinger machen in der Höhe mit dem vielen Ruß wohl öfter Probleme. Also wird der Katalysator ausgebaut und siehe da, das Ding ist komplett mit Ruß zu. Es gibt jetzt zwei Möglichkeiten. Er kann entweder den Kat aufschneiden, alles was da so drin ist rausschmeißen und wieder zu schweißen, oder er nimmt das Auspuffrohr eines der alten Autos die vor dem Haus stehen, praktischerweise das fast baugleiche Modell wie Pedro und baut das bei uns ein. Das hat dann gar keinen Katalysator mehr. Aber wenn der hier ohnehin regelmäßig Ärger macht ist das wohl die bessere Alternative. Also wird kurzerhand das Rohr des alten Autos bei Pedro angeschraubt und schon läuft er wieder rund. Super, doch keine drei Tage hierbleiben. Aber bevor wir gehen sind wir noch zum Mittagessen mit Eduardo, seiner Frau und einem ihrer Söhne eingeladen. Es gibt einen lecker Eintopf mit Reis, Linsen und Gemüse. Beim Essen erfahren wir noch einiges über das Leben von Eduardo und seiner Familie hier in der Gegend. Und, dass es nicht normal ist, was für Temperaturen sie hier in diesem Winter haben. Eigentlich muss er sich im Winter schon ganz schön warm anziehen wenn er draußen auf dem Hof arbeitet, aber diesen Winter ist fast immer T-Shirt Wetter hier.
Wir sind also wieder fahrtüchtig und machen uns auf den Weg nach Belen. Allerdings kommen wir immer noch nicht weiter. Am Ortsausgang von Fiambala ist eine Straßensperre. Die nächsten drei Stunden geht hier nichts. Im Norden von Argentinien gibt es gerade mal wieder ziemlich große Probleme zwischen den Provinzregierungen und der indigenen Bevölkerung. Es soll immer mehr Lithium für die Elektroautos in den USA und Europa abgebaut werden. An und für sich könnte man das auch gut machen, aber die Rechte der Ureinwohner hier interessieren weder die Regierung noch die Minenbetreiber, meist ausländische Firmen. Den Einheimischen werden immer wieder uralte Rechte abgesprochen. Dadurch können ihnen Grund und Boden enteignet werden wo nötig und außerdem wird das in der Wüste ohnehin knappe Grundwasser gnadenlos genutzt um das Lithium aus dem Boden zu lösen.
Eine gängige Protestmethode hier sind in solchen Fällen die Straßenblockaden. Und die haben es in sich. Die Demonstranten wählen die Positionen so, dass wichtige Verkehrsverbindungen unterbrochen werden und es auch keine Möglichkeiten der Umfahrung gibt. Und dann werden die Straßen für eine bestimmte Zeit gesperrt und nichts geht mehr. Manchmal ist dann eine Stunde gesperrt, manchmal auch drei oder sogar acht Stunden. Aber im Gegensatz zu vielen Leuten in Deutschland, die Proteste von Klimaschützern, die nicht annähernd so lange blockieren, gleich kriminalisieren, nehmen die Leute hier die Demos relativ entspannt als legitimes Mittel des Protestes hin. Auch, wenn viele hier keine allzu großen Chancen sehen, irgendetwas an den neuen Gesetzen zu ändern, die zugunsten der Minenbetreiber vor kurzem erlassen wurden. Geld regiert eben die Welt und die Regierung, sowohl die der Provinz, als auch die argentinische, ist leider durch und durch korrupt und nicht wirklich an den rechten irgendwelcher indigenen Gruppen oder gar am Erhalt der Natur interessiert.
Über das Dilemma mit den korrupten Politikern die trotzdem immer wieder gewählt werden, den frustrierten Menschen im Land und der sich immer mehr verschlimmernden Krise stolpern wir hier im Norden immer mehr. Aber es zu lösen scheint eine fast unmögliche Mammutaufgabe so sehr, wie sich das Land und seine Bewohner die letzten vierzig Jahre immer mehr in diese Situation hineinmanövriert haben. In Salta werden wir das in ein paar Wochen noch deutlicher zu sehen und zu hören bekommen.
Doch erstmal fahren wir, als die Blockade um elf Uhr abends wieder geöffnet wird raus aus Fiambala und übernachten bei einer der sehr schönen Lehmkirchen der Gegend etwas weiter im Süden.
Ein richtig besch… Tag
Bevor wir nach Belen kommen besuchen wir in Londres noch spontan ein Museum welches die heimische Handarbeit und die Geschichte der indigenen der Gegend zeigt und fahren danach noch zu den Inkaruinen von Sinchiwasi. Hier stoßen wir zum ersten Mal auf die Überreste der Inkas, die hier für relativ kurze Zeit gelebt haben bevor die Spanier in das heutige Argentinien kamen. Wir sind zwar spät dran, erwischen aber trotzdem noch eine sehr gute Führung durch die Ruinen und auf den Hügel wo früher die religiösen Rituale stattgefunden haben. Außerdem sehen wir hier zum ersten Mal Lamas, die hier für die Touristen durch das ehemalige Inkadorf laufen dürfen.
Am Abend fahren wir dann noch in das Städtchen Belen, wo wir auf einem kleinen privaten Campingplatz unterkommen.
Am nächsten Morgen telefoniere ich mit meiner Schwester in Weyarn. Sie hat leider schlechte Nachrichten für uns. Eine unserer Katzen, Sushi, ist vom Auto überfahren worden. Das müssen wir erstmal verdauen. Aller anderen Pläne sind uns im Moment erstmal egal und wir sind ganz schön traurig über diese Nachricht. Wir beschließen erstmal auf einen nahen gelegenen Aussichtsberg zu gehen um uns etwas abzulenken. Oben genießen wir ein bisschen die Aussicht über Belen, müssen aber vor allem an unsere kleine Katze denken. Wir überlegen noch eine Nacht hier zu bleiben, aber beschließen dann doch lieber weiter zu fahren und davor noch zu tanken und Wasser aufzufüllen. Jede Ablenkung ist gerade sehr willkommen.
Wir fahren also in die Stadt und füllen erstmal unseren Wassertank. Danach treffen wir ein Pärchen aus Uruguay die mit einem Camper plus einem Wohnwagen hinten dran unterwegs sind. Der Wohnwagen dient tatsächlich zum Wohnen erfahren wir. Im Camper ist hinten eine Werkstatt und vor allem eine fahrende Ausstellung. Daniel ist Maler und hat je ein großformatiges Bild zu jeder Provinz von Uruguay dabei. Außerdem haben sie noch verschiedene Exponate die vor allem auch die Gauchokultur von Uruguay darstellen. Sie reisen durch verschiedenen südamerikanische Städte um dort jeweils in Freiluftausstellungen ihr Land zu repräsentieren. Sie erzählen uns auch einiges über Argentinien was wir so noch nicht wussten. Erschreckend ist vor allem, dass es hier wohl viele Städte gibt, in denen mehr als ein Viertel der arbeitenden Bevölkerung in irgendeiner Form im öffentlichen Dienst arbeitet. Die Politiker versprechen bei der Wahl, dass sie Arbeitsplätze schaffen und die finanzieren sie dann über ständig höhere Steuern. Die Angestellten im öffentlichen Dienst haben dann aber kaum was zu tun, weil für Jobs bei denen eigentlich ein Angestellter ausreicht oft fünf oder sechs Personen angestellt sind. Auch das treibt die Wirtschaft des Landes nicht gerade an. Argentinien ist ein wunderschönes Land mit sehr netten und hilfsbereiten Einwohnern, aber einiges hier können wir aus unserem europäischen Blickwinkel beim besten Willen nicht verstehen. Vor allem nicht die sehr verzwickte wirtschaftliche Lage. Aber wenn sich so viele Leute in einem Leben eingerichtet haben, dass ihnen einen sicheren Job mit wenig oder gar keiner Arbeit im öffentlichen Dienst beschert, dann wollen sie das wohl gar nicht unbedingt ändern. Dass das Land so nicht aus der Krise herauskommen wird, wird auf die korrupten Politiker geschoben. Die haben natürlich auch einen großen Anteil daran, aber nicht nur sie. Und nach vielen Aussagen von selbständigen in Argentinien ist wohl auch die allgemeine Arbeitsmoral eher ziemlich schlecht. Dass man hier alles etwas entspannter angeht ist super. Davon könnte sich so mancher gestresster Deutsche mal was abschauen. Aber dass man für die einfachsten Tätigkeiten oft vier bis fünfmal so lange braucht wie nötig, das können wir nicht verstehen. Aber gut, andere Länder, andere Sitten.
Nach dem sehr interessanten Gespräch mit dem Künstlerpärchen aus Uruguay wollen wir noch kurz tanken und dann weiterfahren. Als Delphine auf den Hof der Tankstelle fährt macht es plötzlich „krack“ und das Kupplungspedal bleibt einfach unten. Na toll, das auch noch.
Wir steigen aus und erklären dem Tankwart, dass wir leider keinen Meter mehr weiterkönnen. Der ruft kurz noch zwei Kollegen dazu und gemeinsam schieben wir Pedro auf die Seite um erstmal zu sehen was los ist. Schnell bestätigt sich der erste Verdacht: Das Seil was vom Kupplungspedal zur Kupplung geht ist gerissen. Kein großes Ding, wenn man ein passendes Ersatzteil hat. Also los. Der nächste Laden mit Repuestos – Ersatzteilen – ist nur ein paar hundert Meter weiter. Da haben wir auch die besten Chancen meint der nette Tankwart. Aber leider haben sie das Teil hier nicht. Bestellen ginge. In drei Tagen ist es dann da. Mist. Also weiter zum nächsten Laden. Die gleiche Aussage. Es gibt noch einen Laden, aber der ist sehr klein und hat nicht so viele Teile. Wir gehen trotzdem hin und siehe da, sie haben einen sehr ähnlichen Kupplungszug da. Der sollte sich einbauen lassen. Der Besitzer schickt auch gleich noch seinen Kollegen mit. Der ist Mechaniker und kann uns das Ding schnell einbauen. Super, so schnell hätte ich das nicht geschafft wie er. Also mal wieder Glück im Unglück. Jetzt wollen wir aber raus aus der Stadt. Inzwischen ist es fast schon wieder Abend und so fahren wir nur noch ein paar Kilometer weiter zu einem netten Übernachtungsplatz an einem Fluss. Das war nun wirklich kein schöner Tag, aber trotzdem hatte er auch seine guten Seiten.
Zu den Castillos von Villa Vil
Unser nächstes Ziel ist Villa Vil. Das kleine Dorf befindet sich am Anfang von unserer Route die uns noch weiter hoch in die Wüste führen soll. Nach Villa Vil geht es immer weiter in die Wüste und in immer abgelegenere Gegenden. Inzwischen sind wir uns aber ziemlich sicher, dass wir die Strecke über El Penon, Antofagasta de la Sierra und weiter über den Salar de Hombre Muerto – die Salzwüste des toten Mannes – nach San Antonio de los Cobres mit Pedro fahren können. Von da an gibt es dann wieder eine asphaltierte Straße in die Provinzhauptstadt Salta. Wir sind sehr gespannt auf diese Route und schon auch ein bisschen nervös. So abgelegenen Routen sind wir noch nicht gefahren, und wenn es unterwegs ein größeres Problem mit Pedro gibt wird es sehr umständlich ihn in eine Werkstatt zu bringen. Aber auf allen der geplanten Routen fahren wohl auch ab und an Fahrzeuge. So ein bis zwei am Tag trifft man wohl schon. Und da, wo die Straßen zur Versorgung der Minen in den Bergen nötig sind ist sowieso viel LKW Verkehr.
Aber erstmal wollen wir in Villa Vil die sogenannten Castillos anschauen und dann haben wir noch gehört, dass vor zwei Tagen eine neue Therme eröffnet wurde. Wir fahren also am Ortseingang direkt zur Tourismusinformation und fragen mal wie das alles so läuft. Zuerst meint die nette Dame, dass wir uns mal in ihr Buch eintragen sollen. Sie müssen dokumentieren wie viele Touristen schon im Dorf waren und vor allem wie viele Ausländische. Der letzte Eintrag im Buch ist von gestern. Insgesamt kommen wohl gerade so ein bis zweimal am Tag Leute in die Touristeninformation. Aber immerhin. Es gibt eine und wieder ist eine, oder sogar zwei, öffentliche Arbeitsstellen geschaffen.
Die Dame in der Info hat eigentlich nur Nummern von örtlichen Führern die Touren zu den Castillos anbieten. Ob wir einen Führer nehmen müssen fragen wir. Nein, aber ohne Führer finden wir die Castillos nicht meint sie. Aha. Das sehen wir anders. Karten lesen können wir und wo die Castillos sind ist ziemlich einfach zu sehen. Zugegeben, der Weg dahin ist nicht ganz klar, aber dank Satellitenbildern totzdem leicht nachvollziehbar. Unsere Andere Frage betrifft die neu eingeweihte Therme im Dorf. Sie meint, die Eintrittspreise kennt sie auch nicht und wahrscheinlich hat die Therme bis zehn Uhr abends offen. Ganz genau weiß sie da aber noch nicht. Ist ja auch alles noch ganz neu.
Wir bleiben auf dem Platz vor der Touristeninfo und während ich unsere Fensterheber vorne zerlege – die wollen leider nicht mehr funktionieren – schmeißt Delphine auf dem Grill ein Feuer an und grillt uns ein Hähnchen.
Am nächsten Morgen fahren wir zum Ausgangspunkt der Wanderung zu den Castillos. Pedro springt etwas schlecht an, aber schließlich läuft er. Komisch, aber vielleicht war es doch kälter als gedacht heute Nacht.
Der Weg zu den Castillos führt einfach einen fast ausgetrockneten Fluss entlang ins Tal hinter. Es gäbe noch einen Fahrweg der weiter hoch geht, aber ob der mit Pedro fahrbar ist wissen wir nicht und außerdem wollen wir eh mal wieder bisschen laufen. Also wandern wir die ca. 5 km zu den Castillos hinter. Die im Übrigen auch ohne Führer sehr einfach zu finden sind. Unterwegs treffen wir auf einen Führer mit einer Kundin der uns überrascht fragt, wieso wir ohne Führer unterwegs sind. Warum wir einen benötigen fragt Delphine zurück. Weil das sein Job ist lautet seine uns nicht ganz schlüssige Antwort. Letztlich läuft er mit seinen Kunden den gleichen Weg wie wir zu den Castillos und dann wieder zurück. Wahrscheinlich hat er noch ein bisschen mehr Hintergrundwissen als wir, aber wir wollen uns Zeit lassen mit der Tour uns sind ganz zufrieden sie ohne Führer zu gehen.
Die Castillos selbst sind in mehreren Schichten aufgetürmte, spitze Felsformationen die aus sehr lange zurückliegenden Vulkanausbrüchen hervorgegangen sind. Sie sind sehr schön anzusehen, allerdings wagen wir es nicht zwischen den sehr losen Felsgebilden weiter nach oben zu gehen. Wir laufen eine Weile herum und bestaunen die spitzen Felsen um dann auf einem etwas anderen Weg und vorbei an einem hohen spitzen Stein – dem Obelisken – zurück zu Pedro zu laufen.
Nach dieser Tour wollen wir uns dann noch einen Besuch der Therme gönnen. Nachdem die Touristen Information nichts Genaues über Eintrittspreise und Öffnungszeigen wusste fahren wir einfach mal hin und schauen uns das Ganze an.
Die Lage der Thermen ist sehr schön. In der Wüste unter einem Hang mit schönen Kakteen liegen drei runde Becken in denen schon einige Leute entspannen und daneben ist ein Lehmgebäude mit ein paar Umkleiden und Toiletten. Im Obergeschoss des Gebäudes scheint ein Restaurant geplant zu sein. Um die Becken herum stehen die Autos der Gäste und man sieht noch viel unfertige Baustelle. Scheinbar wurde die Therme gerade so fertig gestellt zur Einweihung, der Parkplatz und das Drumherum existieren aber noch nicht so ganz. Der Strom für die Beleuchtung wird mit einem Generator erzeugt der auf dem Parkplatz ständig läuft. Egal, wir ziehen uns kurz um und gehen direkt ins Wasser. Erst später können wir, auf Nachfrage, den Eintritt zahlen. Der ist für Ausländer genauso hoch wie in den Thermen in Fiambala, die dafür deutlich mehr zu biegen haben, aber das scheint hier eben der Standardpreis zu sein. Und es entspricht in etwa 6 Euro, also auch noch zahlbar.
Wir bekommen dafür auch die Tickets, die speziell für die ausländischen Besucher gemacht sind und sehen, dass wir die Nummer eins und zwei haben. Offensichtlich sind wir wohl die ersten Ausländer die hier offiziell zum Baden kommen.
Neben Pedro stehen noch ein paar andere Camper aus Argentinien hier. Wir bekommen mit, dass sich zwei Pärchen über die Straße oben durch die Puna, die Hochwüste unterhalten. Also genau über die Stecke, die wir auch gerne fahren wollen. Nachdem das einen Pärchen bald geht sprechen wir mit den anderen beiden. Licia und Marcello kommen aus der Gegend von Cordoba. Sie sind für eine Weile mit ihrem Camper unterwegs und wollen auch durch die Puna. Wir verstehen uns auf Anhieb sehr gut mit den beiden. Und für mich ein großer Vorteil: sie sprechen für uns sehr bewusst langsam und deutlich, so, dass ich viel von dem Gespräch von Delphine mit ihnen mitbekomme und mich auch ein bisschen beteiligen kann. Die beiden wollen morgen noch zu den Castillos und dann über El Penon in die Puna. Wir wollen heute noch in Richtung El Penon fahren und dort aber noch zum Campo de Piedras Pomez, einem riesigen Bimssteinfeld in der Wüste, dass wohl in der Form ziemlich einzigartig ist und auf Fotos ziemlich grandios aussieht. Also verabreden wir uns in zwei Tagen in El Penon um dann gemeinsam die Tour durch die abgelegenen Wüstendörfer zu machen.
Wir kaufen noch etwas ein. Es wird wieder mal nur am geöffneten Fenster verkauft. Was uns dabei sehr irritiert: Die alte Dame, die den Laden schmeißt ist super hilfsbereit und müht sich ziemlich ab um uns die beste Ware zu geben. Aber innen am Fenster steht noch ein großer, grimmig schauender und deutlich jüngerer Mann, der nichts tut und keinen Finger rührt, wenn sich die Dame am Boden müht um uns zum Beispiel einen guten Knoblauch auszusuchen. Wir haben keine Ahnung, ob er einfach nur zu Besuch ist, oder eine Art Wachmann, auf jeden Fall kommt es uns sehr respektlos vor, dass er überhaupt nicht helfen will. Aber wer weiß, was er da wirklich tut.
Über die Laguna Blanca nach El Penon
Als wir aus Villa Vil losfahren wird es schon dunkel. Die Straße ist zwar theoretisch noch komplett asphaltiert, führt aber meistens über eine provisorische Schotterstraße neben der gerade in der Ausbesserung befindlichen Asphaltstraße her. Die Fahrt ist dadurch ziemlich anstrengend und als wir sehen, dass wir an ein paar schönen Bergen vorbei fahren beschließen wir einen Übernachtungsplatz zu suchen und morgen bei Licht weiter zu fahren.
Zwar haben wir die Baustelle hinter uns gebracht, aber der Platz ist etwas ungeschickt gewählt. Die Nacht ist sehr kalt und Pedro will am nächsten Morgen einfach nicht anspringen. Offensichtlich hat das mit der Kälte zu tun. Ich habe den Verdacht, dass vielleicht der Diesel eingefroren sein könnte. Bisher ist er auch auf über 4.000 Metern Höhe bei Temperaturen von nachts -15°C gut angesprungen, jetzt leiert er beim Anlassen nur vor sich hin und zündet nicht ein Mal. Na gut, dann warten wir eben bis die Sonne Pedro genug aufgewärmt hat. Und da ist der Haken an unserem Übernachtungsplatz: Wir stehen in einer ziemlich engen Schlucht und die Sonne kommt erst gegen zwölf Uhr bei Pedro an. In der Zwischenzeit kommen mehrere Autos vorbei und wir werden auch öfter gefragt, ob wir Hilfe brauchen. Die Leute meinen alle, es müsste an unseren Glühkerzen liegen, der Diesel in Argentinien hat im Winter Zusätze, dass er nicht einfriert. Aber bisher ist Pedro immer super gestartet. Uns kommt ein Verdacht: Eduardo, der Mechaniker der uns im Fiambala so gut geholfen hat, hat auch irgendwas an der Einspritzpumpe herumgestellt. Er meinte zwar, das passt so, aber wir vermuten, dass Pedros schlechte Starteigenschaften vielleicht damit zusammenhängen. Aber mal sehen wie es die nächsten Tage geht.
Gegen ein Uhr springt Pedro dann an und wir fahren weiter hoch. Aber nicht lange. Nach knapp einem Kilometer kommt eine super schöne Sanddüne in Sicht. Direkt neben der Straße. Wir halten an und beschließen, dass wir auf die Duna Difunta,Correa wie sie heißt auf jeden Fall hochwollen. Es geht nur ungefähr 100 Höhenmeter auf die Düne rauf, aber wir sind auf einer Höhe von knapp über 3.000 Meter und steigen über weichen Sand auf, wodurch es dann doch zu einem etwas längeren Ausflug wird. Der lohnt sich aber. Das laufen durch den, zumindest an der Oberfläche warmen Sand ist zwar anstrengend aber sehr angenehm und die Ausblicke von oben über die Umgebung und über die Düne sind wieder mal super.
Nach dem Ausflug auf die Düne wollen wir weiter nach El Penon, aber davor gibt es noch einen Abstecher zur Laguna Blanca. Dieser See ist auch wieder mal zu einem großen Teil trocken und auch stellenweise stark versalzt, aber man kann wohl auch mit einem Auto Comun, also mit einem normalen Auto den Abstecher zur Laguna machen. Also biegen wir ein paar Kilometer nach der Düne nach rechts ab und fahren, wieder mal auf Ripio, die knapp zehn Kilometer bis zu einem schönen Platz an der Laguna. Als wir ankommen sind gerade noch ein paar Vicunas am Strand und weiter hinten im See sind einige Vögel und Flamingos auf der Suche nach Essen. Delphine zieht gleich mit ihrer Kamera los um ein paar Vicunas vor die Linse zu bekommen. Ich laufe später auch noch in Richtung Ufer los. Also eigentlich stehen wir am Ufer der Lagune, aber im Moment ist das Wasser gut fünfhundert Meter von uns entfernt. Ich laufe zu Delphine, die schon länger am Wasser steht und statt Vicunas nun lieber Flamingos fotografiert und bleibe auch noch eine ganze Weile hier um die Ausblicke über den See auf die Berge zu genießen und natürlich ausgiebig zu fotografieren. Das Wasser ist im wahrsten Sinne des Wortes gerade spiegelglatt und die Berge und der Mond darüber spiegeln sich perfekt auf der Oberfläche. Dazwischen stolzieren dann noch einige Flamingos in ihrem coolen Moonwalk herum und ab und an kommen ein paar Enten vorbei geschwommen.
Die Nacht ist wieder saukalt und Pedro will am nächsten Morgen wieder nicht anspringen. Wir haben gestern noch ein Additiv in den Diesel gegeben, dass das Einfrieren verhindern soll, also schließt schlechter Diesel als Ursache sicher aus. Aber diesmal haben wir Pedro so geparkt, dass die Sonne sehr früh schon auf den Motor scheinen kann und solange machen wir halt noch ein paar Bilder von den vorbeiziehenden Vicunas. Irgendwann kommt ein Camper auf der Straße gefahren. Wir sehen, dass es Marcelo und Licia sind und winken ihnen. Die beiden wollen noch weiter nach hinten zum Bioreservat an der Lagune fahren. Wir unterhalten und kurz und als Marcelo von unserem Problem hört kommt er mit und schaut sich Pedro kurz an. Er ist Mechaniker und meint, wie schon andere, dass wohl unsere Glühkerzen kaputt wären. Ok, also muss ich die auf jeden Fall mal anschauen. Er gibt uns noch einen Tipp, der uns etwas verunsichert. Er meint, wenn Pedro bei Kälte nicht anspringen will, wollen wir ein Stück Baumwolle ganz fest mit einem Draht umwickeln, anzünden und direkt an die Luftansaugung von Pedro halten damit er warme Luft einsaugen kann. So macht man das hier wohl. Das klingt auch gut und schlüssig, ich habe aber ganz schön Angst, dass dann eventuell größere Teile vom verbrennenden Stoff in den Motor kommen und da Schaden anrichten. Aber wir behalten den Trick mal im Hinterkopf. Eigentlich wollen wir schon länger einen kleinen Reisefön kaufen, den wir über Pedros Wechselrichter betreiben können, damit sollte eine vergleichbare Starthilfe auch mit weniger Risiko möglich sein. Aber bisher haben wir den nicht und werden ihn in der Wüste in den kleinen Dörfern wohl eher auch nicht finden. Damit wir aber nicht jeden Tag bis mittags warten müssen um loszufahren, beschließen wir die nächsten Tage Pedro jede Nacht alle drei Stunden für ca. 20 Minuten laufen zu lassen. So können wir verhindern, dass er zu sehr auskühlt und dann sollte er morgens auch gut starten.
Aber jetzt geht es erstmal zurück zur Straße und weiter hoch nach El Penon. Der Pass, den wir dahin überqueren müssen hat eine Höhe von etwas über 4.000 Metern, die Pedro aber jetzt relativ entspannt hochzieht. Zwar rußt er bei zu viel Gas, aber das sieht man als Fahrer gut im Rückspiegel und kann das Gaspedal entsprechend vorsichtig bedienen.